Deutsche Bank Deutsche Bank: Ein Richter als Zeuge vor Gericht

München - Es war ein betont frostiges Wiedersehen bei hochsommerlichen Temperaturen. Schon bevor Richter Guido Kotschy den Saal 273 des Landgerichts München betrat, hatten Anwälte des angeklagten Ex-Chefs der Deutschen Bank, Rolf Breuer, klar zum Ausdruck gebracht, wer nun als Zeuge aussagen würde. Kotschy ist der Richter, der die Deutsche Bank 2012 in einem Zivilprozess am Oberlandesgericht (OLG) zu Schadenersatz an den verstorbenen Pleitier Leo Kirch und dessen Erben verurteilt hatte. Breuers Anwälte schildern ihn als einen Mann, dessen Urteil schon vor dem ersten Prozesstag feststand und der seine Prozessführung darauf hin ausgerichtet hat.
Nur wegen Kotschy stehen Breuer sowie seine Nachfolger Josef Ackermann und Jürgen Fitschen nebst zwei weiteren Ex-Vorständen der Deutschen Bank nun als Angeklagte vor Gericht, zürnen diese. Dem Banker-Quintett wird vorgeworfen, im OLG-Prozess falsch ausgesagt und sich des versuchten Prozessbetrugs schuldig gemacht zu haben. Am Ende zahlte die Deutsche Bank an die Kirch-Erben 925 Millionen Euro, ohne damit Schuld einzugestehen. Kotschy als Reizfigur für die Deutsche Bank zu bezeichnen, wäre wohl eine Untertreibung.
Halbsätze und deren Bedeutung
Auch der 66-Jährige wirkt nicht zimperlich. Er hat sichtbar Mühe, sich mit der Rolle eines Zeugen abzufinden. Sein Berufskollege Peter Noll führt den Strafprozess am Landgericht. Er muss herausfinden, ob Breuer & Co gegenüber Kotschy gelogen haben. Dabei geht es um den genauen Wortlaut von Aussagen damals vor dem OLG, um Halbsätze und deren Bedeutung und auch um Kotschys Verhandlungsführung.
Dazu verweigert Kotschy aber bisher jede Auskunft mit dem Verweis auf seine richterliche Unabhängigkeit. Er macht auf Widersprüche aufmerksam, in die sich vor allem Ackermann und Breuer vor dem OLG verwickelt hätten. Widersprüche in der für den Schadenersatzprozess entscheidenden Frage, ob sie von ihrem damaligen Kreditkunden Kirch vor dessen Pleite ein Beratungsmandat erzwingen wollten. Aus diversen Schriftstücken wie einem Vorstandsprotokoll der Deutschen Bank gehe der Wunsch nach einem solchen Mandat hervor, betont Kotschy. Vor dem OLG hatten die Banker das abgestritten.
Kotschy erinnert an einen Schriftsatz von Anwälten der Deutschen Bank aus dem Februar 2014, der öffentlich unbekannt ist. Zu diesem Zeitpunkt war klar, dass Deutschlands größtes Geldhaus sich mit den Kirch-Erben vergleichen muss, um Schlimmeres zu verhindern. Im Schreiben relativieren die Anwälte die Aussagen der Banker vor dem OLG in – wie Kotschy findet – „entscheidenden Teilen“. Sie räumen nun ein, Kirch vor seiner Pleite 2002 gefragt zu haben, wo er in der Frage eines Beratungsmandats stehe. Nicht mehr und nicht weniger.
Noll lässt nicht erkennen, wie schwer die Zeugenaussage Kotschys für ihn wirkt. Ein Urteil wird er wohl im Herbst sprechen.