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Bio-Landwirt aus Greifenhagen im Interview Bio-Landwirt aus Greifenhagen im Interview: "Gesellschaft will besser informiert werden"

03.10.2015, 15:25
Auf dem Biohof von Klaus Feick in Greifenhagen liefern 120 Kühe Milch.
Auf dem Biohof von Klaus Feick in Greifenhagen liefern 120 Kühe Milch. Jürgen Lukaschek Lizenz

Halle (Saale) - Am Sonntag wird in Deutschland Erntedankfest gefeiert. Der Termin fällt immer auf den ersten Sonntag im Oktober. Die Landwirtschaft sorgt mit Diskussionen um Tierschutz vor allem in der Schweinehaltung und sinkenden Agrarpreisen in diesem Jahr für Schlagzeilen. Auch den Bio-Landwirt Klaus Feick aus Greifenhagen (Landkreis Mansfeld-Südharz) bewegen diese Themen. Steffen Höhne sprach mit Feick, der zugleich Landeschef des Ökolandbau-Verbandes „Bioland“ ist.

Wie werden Sie am Sonntag das Erntedankfest verbringen?

Feick: Wir werden am Vormittag noch einen halben Tag arbeiten und uns den Rest des Tages frei nehmen. Vielleicht machen wir einen Ausflug mit dem Fahrrad.

Der Großteil der Ernte dürfte doch schon eingefahren sein, oder?

Feick: Ja, aber bei dem schönen Wetter nehmen wir schon die Aussaat beim Getreide vor. Zudem sind wir noch in der Kartoffelernte drin.

In diesem Jahr hat eine hitzige Tierschutz-Diskussion über die Haltungsbedingungen, vor allem von Schweinen, begonnen. In Sachsen-Anhalt schlossen die Behörden sogar Ställe, weil es Missstände in der Haltung gab. Als Biolandwirt dürfte Sie das freuen.

Feick: Auf der einen Seite freut es mich natürlich, dass die Behörden genauer hinschauen, was in großen Schweinemast-Ställen passiert. Auch die Gesellschaft schaut nun genauer hin und will besser informiert werden. Was ich aber bedenklich finde ist, dass ein Teil der Landwirtschaft in eine Industrialisierung steuert. Ställe werden immer größer gebaut, es entstehen immer mehr Großunternehmen. Das ist eine Fehlentwicklung.

Discounter wie Lidl haben angefangen, zusammen mit Landwirten Tierwohl-Initiativen zu gründen. Offenbar gibt es einen Veränderungswillen.

Feick: Stimmt, das gab es bisher nicht. Man muss nun abwarten, ob die Haltungsbedingungen der Tiere wirklich verbessert werden. Meine Befürchtung ist, dass viele Agrar-Firmen am Ende nur die gesetzlichen Standards einhalten und ein paar kleine Extras liefern. Das wird dann mit einem schönen Logo versehen.

Auf ihrem Bio-Hof gibt es 120 Milchkühe. Wie unterscheidet sich denn ihre Haltung zu Betrieben, die konventionell bewirtschaftet werden?

Feick: Der größte Unterschied ist, dass unsere Nutztierhaltung flächengebunden ist. Wir halten nur so viele Tiere, wie wir auch Futtermittel herstellen können. Die flächengebundene Tierhaltung ist für mich auch der Schlüssel zu einer vernünftigen Tierhaltung, weil sie riesige Ställe ausschließt. Wir legen bei uns im Betrieb auch Wert darauf, dass die Tiere genug Platz haben, um sich zu bewegen oder auch hinzulegen.

Die Nachfrage nach Bioprodukten ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen, die Anbaufläche in Deutschland stagniert dagegen. Wie ist das zu erklären?

Feick: Das hat mehrere Ursachen. Es gab über viele Jahre eine Unsicherheit, wie es mit der Förderung des Biolandbaus weitergeht. Gerade die Umstellung eines Betriebes ist sehr aufwendig. Zudem waren die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den vergangenen Jahren so, dass sich konventionelle Landwirtschaft wieder stärker rentiert hat. Das lag unter anderem an hohen Getreidepreisen.

Auch im Ökolandbau gibt es immer größere Firmen, die beinahe industriell wirtschaften. Was ist ihnen lieber: Ein kleiner bäuerlicher Betrieb der konventionell wirtschaftet oder eine große Bio-Gesellschaft, die industriell arbeitet?

Feick: Mir sind 100 Prozent Ökolandbau immer lieber. Auch im Ökolandbau sind in den vergangenen Jahren große Betriebe entstanden. Grund ist die starke Nachfrage, vor allem aus dem Lebensmittelhandel. Diese Entwicklung sehe ich durchaus kritisch, weil sich viele ökologische Standards so nicht halten lassen. Der Ökolandbau selbst muss da gegensteuern. Mein Leitbild ist die bäuerliche, ökologische Landwirtschaft.

Doch diese bekommt in Deutschland nicht alle Menschen satt ...

Feick: Einspruch, das sehe ich anders. Bäuerliche Strukturen sind nicht weniger ertragreich als industrielle. Das Gegenteil ist oft sogar der Fall. Kleinere Höfe betreiben häufig sogar eine intensivere Flächennutzung. Der Ertrag pro Hektar liegt über den von Großbetrieben, die ihre Effizienz über die Fläche gewinnen.

In den vergangenen Wochen gingen viele Landwirte wegen niedriger Preise insbesondere bei der Milch auf die Straße. Unterstützen Sie dies?

Feick: Berechtigt ist dieser Protest auf jeden Fall. Im konventionellen Bereich sind die Milchpreise so stark gefallen, dass die Existenz vieler Betriebe gefährdet ist. Die Ursachen sind aber teilweise hausgemacht. Mit dem Ende der Milchquote kann jeder Hof so viel Milch produzieren, wie er möchte. Dass dadurch die Menge steigt und die Preise fallen, ist da nur logisch.

Was ist zu tun?

Feick: Ich kann nur sagen, was gerade passiert: Einige konventionelle Betriebe interessieren sich verstärkt für eine Umstellung. Im Bereich der Biomilch sind die Preise relativ stabil. (mz)