10 Jahre Finanzkrise 10 Jahre Finanzkrise: Wie es zum Crash kam und warum er sich wiederholen könnte

Berlin - Die große Finanzkrise feiert derzeit zehnjährigen Geburtstag, und in Expertenkreisen wird die Frage gestellt: Kann es wieder geschehen? „Nicht zu unseren Lebzeiten“, versicherte kürzlich US-Notenbankchefin Janet Yellen, und obwohl offen blieb, wessen Lebzeiten die 71-Jährige meinte, erntete sie doch ungläubiges Staunen. Inzwischen scheint Yellen realistischer geworden zu sein. Am Wochenende sagte sie, die „Evolution des Finanzsystems wird früher oder später in allzu bekannte Risiken wie exzessivem Optimismus und Verschuldung münden“. Wie diese Risiken in der Euro-Zone entstehen und sich entfalten, bebildert der jüngste Report zur finanziellen Globalisierung der Unternehmensberatung McKinsey.
Mit dem Euro kam der Kreditboom
Mit der Einführung des Euro kam es innerhalb der Währungsunion zu einem grenzüberschreitenden Kreditboom. Hohe Wachstumsraten und Zinsen in der Euro-Peripherie lockten Kapital in Länder wie Griechenland, Spanien, Irland und Portugal. Zwischen den Jahren 2000 und 2007 stiegen die Auslandsforderungen westeuropäischer Banken von 6,6 auf 23,4 Billionen Dollar, so McKinsey. Die deutschen Kreditinstitute erhöhten ihre Auslandsausleihungen um 2,5 Billionen Dollar, die französischen um 2,9 Billionen. Mit Auslandsforderungen über fast 16 Billionen Dollar waren die Banken der Euro-Zone die am stärksten globalisierten der Welt, so McKinsey.
Die deutschen, französischen und niederländischen Kredite gingen unter anderem an griechische Banken, die es ihrem Staat liehen. Oder sie gingen an irische und spanische Banken, die Hypothekendarlehen vergaben und damit ihre Immobilienmärkte aufpumpten. Oder das Geld wurde in US-Hypothekenpapiere investiert. Auf diese Weise verdienten die Gläubigerbanken am Boom in den USA und Südeuropa mit.
Billionen aus dem Ausland abgezogen
Dann kam die globale Finanzkrise, die das Vertrauen der Banken in ihre Schuldner unterminierte. Die folgende Neubewertung des Risikos führte zu einer Flucht der Kreditinstitute aus dem Ausland. Kreditlinien wurden gekündigt, Darlehen zurückgefordert, Schuldpapiere verkauft. Zwischen 2007 und 2016 brachen die grenzüberschreitenden Forderungen der Euro-Zonen-Banken um mehr sieben Billionen Dollar ein, errechnet McKinsey. Die deutschen Banken zogen 2,3 Billionen aus dem Ausland ab, die französischen 1,2 Billionen. Insgesamt schrumpften die Auslandsforderungen der Euro-Banken an Schuldner in der Euro-Zone um 3,3 Billionen Dollar.
Mit der Kapitalflucht tat sich ein riesiges Loch auf. Unternehmen und Staaten in der Euro-Peripherie fanden keine Kreditgeber mehr und standen vor der Pleite. Gestopft wurde dieses Billionenloch durch die europäischen Staaten in Form von Rettungskrediten und Ausleihungen der Europäischen Zentralbank. Diese Übernahme der Risiken durch die öffentlichen Hand ermöglichte den privaten Banken, sich mit begrenzten Verlusten aus den Schuldnerstaaten zurückzuziehen.
Diese massiven Kapitalbewegungen in der Euro-Zone zeigen die Risiken freier Kapitalmärkte, auf denen Anlegeroptimismus ein Land aufblühen und ihr Pessimismus das Land in den Abgrund treiben kann. Laut McKinsey erlebten in den vergangenen Jahren 60 Prozent aller Staaten einen Einbruch, einen rasanten Anstieg oder eine plötzliche Umkehrung der Kapitalflüsse. „Volatilität“, also Schwankungsanfälligkeit, „ist die Norm, nicht die Ausnahme“, so die Unternehmensberater.