1.400 Beschwerden ausgewertet 1.400 Beschwerden ausgewertet: Jede zweite Inkasso-Forderung ist unberechtigt

Halle (Saale) - Wer Post von einem Inkasso-Unternehmen erhält, sollte genau hinschauen. Dazu rät Gabriele Emmrich von der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt in Halle. Häufig seien die Forderungen der Geldeintreiber unbegründet, sagt sie. Emmrich verweist dabei auf die Ergebnisse einer bundesweiten Aktion der Verbraucherzentralen. Dabei seien von Mai bis August dieses Jahres gut 1 400 Beschwerden zu Inkassodiensten untersucht worden, rund 200 davon aus Sachsen-Anhalt. Ergebnis: Bei 56 Prozent habe sich keine vertragliche Grundlage für die aufgemachte Forderung ermitteln lassen.
Die Verbraucherzentralen haben mit ihrer Untersuchung insbesondere die Grauzone der Branche ausgeleuchtet. Dabei ist die Zahl der Fälle dubioser Forderungen anhaltend hoch, betont Emmrich. Da gebe es immer wieder Fälle, in denen Forderungen gleich mit dem einschalten einer Inkassofirma Nachdruck verliehen werde. Das sei oft schlichtweg betrügerisch, sagt sie.
Bei den von den Verbraucherschützern untersuchten Beschwerden stammte fast jede fünfte Forderung von einem Telekommunikationsunternehmen. Geltend gemacht wurden auch Ansprüche aus Gewinnspielen, E-Mail-Diensten, Dating-Portalen und dem Versandhandel. In einem Drittel der Schreiben sei den Empfängern zudem massiv gedroht worden. So wirksam, dass Betroffene zahlten, obwohl sie dazu möglicherweise gar nicht verpflichtet sind.
Emmrich empfiehlt Verbrauchern deshalb, nicht aus Angst einfach zu bezahlen, wenn auf einem Anschreiben „Rechtsanwalt“ oder „Inkasso“ steht. Sondern genau zu prüfen, ob es eine Grundlage für den Anspruch gibt. Nur wenn das der Fall sei, solle gezahlt werden, um nicht in Verzug zu geraten.
Verbraucher, die Probleme mit Inkassoforderungen haben, erhalten Hilfe direkt in allen Beratungsstellen der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt e.V.
Bei unberechtigten Forderungen sollte indes umgehend Widerspruch eingelegt werden. Musterbriefe dazu stehen auf der Internetseite der Verbraucherzentrale. Und in Zweifelsfällen bieten die Verbraucherschützer ihren Rat an. Etwa, wenn auf einem Inkasso-Schreiben keine erhellenden Angaben zur Vertragsgrundlage zu finden sind. Oder wenn ausländische Konten für die Zahlung genannt werden.
Dass in der Inkasso-Branche eine Grauzone existiert, sagt auch Martin Plath von der Wirtschaftsauskunftei Creditreform Halle. Gerade der Versuch, über Abofallen im Internet entstandene Forderungen per Inkasso-Unternehmen durchzusetzen, sei häufig „nicht seriös“.
Gegen solche Aktivitäten gehe der Bundesverband der Inkassounternehmen allerdings immer wieder vor, betont Plath. Insgesamt seien die Inkassofirmen für die Wirtschaft eine „wichtige Branche“. Gerade für den Mittelstand und im Handwerk ließen sich mit deren Vermittlung Forderungen an zahlungsunwillige Kunden häufig „kostengünstig regeln“. (mz)