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Weihnachten Weihnachten: Die Botschaft gilt der Welt, wie sie ist

Von Weihbischof Gerhard Feige 23.12.2004, 19:41

Zunächst ist es der Realismusdieses Festes. Weihnachten blendet die Wirklichkeit,wie sie ist, nicht aus und bedeutet auch keineFlucht in Traumwelten. Die Geburt Jesu vonNazareth war ja alles andere als idyllisch.Wie die biblischen Texte zum Ausdruck bringen,ereignete sie sich unterwegs; Maria und Joseffanden keine Herberge; die Not war groß; schließlichmusste man sogar fliehen, weil Soldaten denNeugeborenen zu töten suchten.

Wenn wir heute Weihnachten feiern, geht dasauch nicht problemlos ab. Wie viele Schwierigkeitenbelasten doch unsere Gesellschaft! Hartz IVist nur ein Begriff unter anderen. Neulichwurde dieser durch die Gesellschaft für deutscheSprache aber sogar zum Wort des Jahres 2004gekürt. Auf den weiteren Plätzen folgen "Parallelgesellschaften","Pisa-gebeutelte Nation", "gefühlte Armut"und "Ekelfernsehen". Wenn das tatsächlichrepräsentativ sein soll, erscheinen der Zustandund die Zukunft unserer Gesellschaft rechtdüster. Finanzielle Kürzungen und sozialeEinschnitte bedrohen manche. Abnehmende Solidaritätund mangelnde Verständigungsbereitschaft,Erziehungs- und Bildungsprobleme, Niveauverlusteund Geschmacklosigkeiten machen uns zu schaffen.

Das Miteinander scheint rauer und auch geistlosergeworden zu sein. Wie soll man da unbelastetund sogar fröhlich Weihnachten feiern? Gehtdas nicht nur, wenn man einige Tage oder wenigstensStunden vieles ignoriert, verdrängt oder bagatellisiert?"Nein", sagt der christliche Glaube. Geradeum diese Welt mit ihren Ungereimtheiten, Defizitenund Schattenseiten geht es. Ihr gilt die Weihnachtsbotschaft:Gottes Sohn wird Mensch, das Licht kommt indie Finsternis, mitten in der Kälte blühteine Rose auf. Der unfassbare Gott neigt sichzur Welt, um ihre Not zu lindern. Wir sindnicht mehr Verdammte dieser Erde, uns selbstüberlassen oder ausgeliefert. Der "Himmel"steht uns offen.

Das Leben ist mehr als nurein Kampf um die nackte Existenz. Uns wirdetwas geschenkt, was wir selbst nicht produzierenkönnen oder verdient haben: die Zusage vonErlösung, Vollendung und ewigem Leben. Darauskann - und das ist das zweite, was ich mitWeihnachten verbinde - eine große Hoffnungwachsen. Wir haben Zukunft. Aus dieser Hoffnungheraus konnten und können Christen sogar innotvollen Situationen Weihnachten feiern.

Weihnachten - und das ist schließlichdas dritte, was ich für bedenkenswert halte- bewegt und drängt dazu, möglichst vielendie Liebe Gottes, die in Jesu Leben und amWeihnachtsfest erfahrbar geworden ist, zuerschließen und durch eigenes Handeln zu bezeugen."Du kannst nicht die Nacht bekämpfen", - solautet ein weiser Ratschlag - "aber ein Lichtanzünden!" Wie Gott sich mit der Welt in ihremunheilvollen Zustand nicht abgefunden, sondernsich in ihre Verhältnisse eingemischt hat,stände es uns gut an, sich ähnlich zu engagieren:für mehr Solidarität mit denen, die überfordertsind, an den Rand gedrängt oder ausgeschlossenwerden, die Einbußen hinnehmen müssen undeinen sozialen Abstieg befürchten, auch fürdie Verteidigung der Würde des Menschen vonder Zeugung bis zum Tod, für eine familien-und kinderfreundlichere Gesellschaft odernoch grundsätzlicher für mehr Gerechtigkeitund Barmherzigkeit.

Weihnachten - als Festgöttlicher Einmischung verstanden, wir feiernja die Geburt Gottes in der Welt - animiertdazu, nicht vom Staat als möglichem "Übervater"alles zu erwarten oder sich politikverdrossenaus demokratischen Auseinandersetzungen rauszuhaltenund anderen die Entscheidungen zu überlassen.Zivilcourage und Einsatzbereitschaft sindgefragt, damit es in unserer Gesellschaftwieder lichtvoller wird.