Wahlen im Irak Wahlen im Irak: Signal für die Demokratie in der Welt des Islam
Halle/MZ. - Unter diesem Blickwinkelbetrachtet, werden die beiden Länder aucheine Ausnahme bleiben.
Dass der Westen in weiteren Staaten im Nahenund Mittleren Osten, etwa im Iran, interveniert,um einen Regimewechsel zu erzwingen, ist eherunwahrscheinlich. Den USA fehlen sowohl derpolitische Wille als auch die militärischenMittel. Insbesondere im Irak-Krieg hat dieamerikanische Regierung sehr viel politischenKredit in der islamischen Welt verspielt.Was aus Washingtoner Sicht ein Feldzug unterdem Banner der Demokratie war, wurde in derRegion als Neo-Kolonialismus interpretiert.
Die USA hätten aber auch gar nicht die Kraftzu weiteren Befreiungskriegen. Ein Großteilder Streitkräfte ist in Afghanistan und imIrak gebunden. Angesichts der labilen Situationwird sich in den nächsten Jahren daran kaumetwas ändern. Außerdem würden die amerikanischenWähler einen weiteren Krieg, der voraussichtlichweder von den Vereinten Nationen, noch vonden europäischen Verbündeten unterstützt würde,wohl nicht mittragen.
Wenn es in weiteren Ländern des Nahen undMittleren Ostens zu demokratischen Reformenkommen soll, wird diese Entwicklung nichtvon außen, sondern von innen angestoßen werdenmüssen. Im Libanon, einst Sinnbild für einebrutalen Bürgerkrieg, scheint die demokratischeIdee Fuß zu fassen. In den palästinensischenAutonomiegebieten deutet sich ein Neuanfangan. Im Iran gibt es eine mit den Mullahs höchstunzufriedene, aber gesellschaftlich relevanteMittelschicht, die nur auf ihre politischeChance wartet. In Marokko, aber auch auf derarabischen Halbinsel gibt es unter dem Druckvon Bürgerrechtlern, Frauen- und Studentenbewegungenerste Ansätze für Reformen in den BereichenPolitik, Menschenrechte und Religion.
Für alle oppositionellen Bewegungen, die versuchen,die islamische Tradition mit den demokratischenGrundfreiheiten zu verbinden, kann die Entwicklungin Afghanistan, vor allem aber im Irak eineErmutigung sein. Nach jüngsten Umfragen wollen80 Prozent der Iraker an der Wahl teilnehmen.Die blutigen Anschläge mit Hunderten von Toten,die Angst vor Mord, Entführung oder Erpressungund die Boykottaufrufe der mutmaßlichen Wahlverliererhält eine überwältigende Mehrheit nicht davonab, erstmals seit 1958 wieder ihr demokratischesGrundrecht auszuüben. Allein diese Tatsachemacht die Wahlen schon jetzt zu einem Erfolg- natürlich für die USA, vor allem aber fürdie irakische Bevölkerung.