Spielzeug Spielzeug: Herrin über Millionen kleiner Männer und Frauen

Zirndorf/dpa. - Erst als eine Kollegin ein paar Stichwörter in den Raum wirft, findetdie 51-Jährige eine Beschreibung für sich selbst: «Ich gebe nichtauf, ich sehe die große Zielsetzung und gemeinsam versuchen wir dannim Team, die Widrigkeiten zu überwinden.»
Wer sich mit Schauer unterhält, bekommt eigentlich recht schnelleine Vorstellung von der Persönlichkeit, die vom fränkischen Zirndorfaus mehr als 3000 Mitarbeiter führt und jährlich für die Produktionvon 100 Millionen Playmobil-Figuren mit der charakteristischenkantigen Form verantwortlich ist. Nüchtern, zielstrebig undhartnäckig wirkt Schauer, aber auch verantwortungsbewusst undbegeisterungsfähig. Hinzu kommt eine tiefsitzende Abneigung gegenRoutine.
«Ich tue mich manchmal sogar schwer, die Zähne auf die gleiche Artund Weise zu putzen», räumt Schauer ein. Auch im Job mag sieAbwechslung: «Die Kombination aus Verantwortung und Kreativität istdas, was mich antreibt.» Wenn Playmobil eine neue Spielweltentwickelt, sitzt auch die Chefin persönlich vor den Ritterburgen,Schiffen oder Drachenhöhlen, baut auf und baut um und gibt Anregungenan das 60-köpfige Konstruktionsteam.
Die trockene Welt der Zahlen mag die Fränkin aus dem nahegelegenen Roßtal dagegen nicht besonders. Doch für diesen Bereich hatsie einen kaufmännischen Geschäftsführer neben sich. Das hat ihr auchdie Entscheidung leichter gemacht, als Firmeninhaber HorstBrandstätter sie 2000 auf den Chefsessel holte. Kein einfacherSchritt, wie Schauer unumwunden einräumt. «Ursprünglich wollte ichnicht so viel Verantwortung tragen.» Die Volkswirtin war acht Jahrezuvor als Marken-Spezialistin zu Playmobil gekommen, doch schnellerkannte Brandstätter ihr Potenzial.
«Aber für so viel Verantwortung war ich damals überhaupt nochnicht reif», erinnert sich die Geschäftsführerin für Entwicklung,Marketing und Vertrieb heute. Brandstätter, den sie bis heuterespektvoll «den Eigentümer» nennt, holte sich erstmal einen Korb.Dann der Wendepunkt: Schauers heute 19 Jahre alter Sohn wurde schwerkrank, die Prioritäten verschoben sich schlagartig. Weil sie sichnicht vorstellen konnte, aus privaten Gründen ihre Arbeitszeitreduzieren zu dürfen, kündigte sie Brandstätter per Fax ihr Gehen an.Der aber wollte sie unbedingt halten: «Solange Sie nur eine Stunde inder Woche für Playmobil arbeiten können, tun Sie das!»
Gut ein Jahr lang arbeitete Schauer nur drei Tage in der Woche -und machte in dieser Zeit eine Metamorphose durch. Als sie wiedervoll einsteigen konnte, war sie bereit für den Führungsposten. «Esist ein großer Dampfer, den kann man nicht so ganz relaxt durchschwieriges Fahrwasser steuern. Es kostet schon Kraft, und man mussauch bereit sein, das auf sich zu nehmen», schildert die Chefin derGeobra-Brandstätter-Gruppe, die neben Playmobil auch nochPflanzgefäße unter dem Namen Lechuza herstellt.
Ihre Akkus tankt die zierliche Frau beim Joggen auf - und im Kreisder Familie. Die ist Schauer spürbar wichtig. Die Vorwürfe vonfrüher, ihr Sohn würde unter ihrer Berufstätigkeit leiden,beschäftigen sie noch heute. «Ganz teflonmäßig prallt das nicht voneinem ab, das nagt dann schon», gibt Schauer zu. Unterschwellig habesie durchaus Angst davor gehabt, dass diese Befürchtungen berechtigtseien - zumal sie ihr auch offen entgegenschlugen. Heute findetSchauer es erschreckend, dass ihre jungen Mitarbeiterinnen noch immermit den gleichen Vorbehalten konfrontiert sind - und wie sie damalsauf der Suche nach Krippenplätzen scheitern.
Den Spagat zwischen Familie und Beruf hat Schauer auch dank derEigenschaft hinbekommen, Fünfe gerade sein zu lassen. «Ich habe keinegroße Angst mehr davor, etwas mal nicht ganz so optimal zu machen»,berichtet sie. Das spiegelt sich auch in ihrem Führungsstil wider,der den Kollegen Freiräume lässt. «Wenn das Vertrauen nichtgerechtfertigt ist, wird gehandelt. Aber ich muss nicht immer dieSpeerspitze sein, das wäre kontraproduktiv.» Zehn Jahre mit einemstetigen Wachstum des Playmobilumsatzes auf 474 Millionen Euro undeinem Gruppenerlös von inzwischen mehr als einer halben MilliardeEuro bestätigen ihr Erfolgsrezept.