Schattenwirtschaft Schattenwirtschaft: Wie Schwarzarbeit schrumpft
FRANKFURT (MAIN)/MZ. - "Das beträchtliche Wachstum der offiziellen Wirtschaft führte zwischen 2009 und 2010 zu einem Rückgang der Schattenwirtschaft um 4,2 Milliarden Euro", heißt es in einer Mitteilung des Instituts für angewandte Wirtschaftsforschung in Tübingen, das zusammen mit Schneider die Schattenwirtschaft vermessen hat.
Das klingt erfreulich. Allerdings hat die Schattenwirtschaft laut Schneider immer noch enorme Ausmaße: Im vorigen Jahr sind dort demnach 347,6 Milliarden Euro erwirtschaftet worden. Das entspricht einem Wert von fast 14 Prozent des offiziellen Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die Schattenwirtschaft besteht laut Schneider zu etwa zwei Dritteln aus Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung von Ausländern, etwa am Bau, bei der Autoreparatur oder in privaten Haushalten. Hinzu komme das Material, das bei der Schwarzarbeit verwendet wird. Glaubt man Schneider, ist die Schattenwirtschaft fast viermal so groß wie die gesamte offizielle Baubranche.
Kann das sein? Eher nicht, meint Gerhard Graf, Wirtschaftswissenschaftler an der Universität Mainz. Graf hat Schneider schon vor Jahren vorgeworfen, dass seine Schätzungen "auf wissenschaftlich nicht haltbaren Vorgehensweisen" beruhen. Schneider geht zum Beispiel davon aus, dass Mindestlöhne und höhere Sozialbeiträge zu mehr Schwarzarbeit führen. Er erwartet, dass in diesem Jahr in der Zeitarbeit ein Mindestlohn eingeführt wird. Dies werde die Schattenwirtschaft um 300 Millionen Euro vergrößern. Eine solche exakte Prognose hält Graf für völlig unmöglich. Richtig sei, dass ein Mindestlohn die Vorteile der Schwarzarbeit vergrößern könne. Doch "mehr kann man eigentlich nicht sagen", betont der Professor für Volkswirtschaftslehre. Will heißen: Niemand kann genau beziffern, welchen genauen Effekt solche Untergrenzen auf die Schwarzarbeit haben.
"Man kann die Schattenwirtschaft nicht genau messen", räumt Professor Scheider von der Uni Linz ein. Schwierig sei es zum Beispiel, Schwarzarbeit von Nachbarschaftshilfe abzugrenzen. "Mir geht es mehr um die Veränderung", sagt Schneider. Bei der absoluten Größe der Schattenwirtschaft berge sein Verfahren einen "Schätzfehler": Die Schattenwirtschaft könne auch 15 Prozent kleiner oder größer sein. Die in der Mitteilung genannten 347,6 Milliarden Euro würden dem Mittelwert entsprechen. Graf schätzt allerdings, dass die Schwarzarbeit viel geringer ist und vielleicht ein Prozent des BIP ausmacht. "Das ist eine Vermutung", betont der Volkswirt, die sich zum Beispiel auf entdeckte Schwarzarbeit und Erfahrungen von Mitarbeitern in Arbeitsämtern stützt.
Der neue Wirtschaftsweise Lars Feld hat versucht, mit Umfragen dem Problem auf die Spur zu kommen. Mehrmals wurden Bürger gefragt, ob sie schon mal schwarz gearbeitet haben. Dabei konnten die Leute ehrlich antworten, weil ihre Angaben anonym blieben. Nach dieser Studie ist Schwarzarbeit viel weniger verbreitet als von Schneider geschätzt. Die Forscher errechneten, dass sie 2007 einen Wert von 3,2 Prozent des BIP hatte. Auf diesem Niveau dürfte der Wert auch heute liegen, vermutet der Professor für Volkswirtschaftslehre an der Uni Freiburg. Feld glaubt, dass damit das untere Limit markiert sein dürfte. Denn nicht erfasst worden sei in der Haushaltsbefragung die Schwarzarbeit, die es etwa auf dem Bau oder im Transportgewerbe gebe. Dort würden Aufträge teils mit Subunternehmen erledigt, ohne dass Sozialbeiträge oder Steuern abgeführt werden. Die Wahrheit liege irgendwo zwischen seinen Daten und den Angaben von Schneider.