1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Ypsilanti sieht sich als hessische Regierungschefin

Ypsilanti sieht sich als hessische Regierungschefin

31.01.2008, 16:38

Wiesbaden/Berlin/dpa. - Die hessische SPD-Vorsitzende Andrea Ypsilanti sieht sich selbst als neue Ministerpräsidentin ihres Landes. Sie erwarte, dass in der konstituierenden Sitzung des Landtags am 5. April «eine Ministerpräsidentin gewählt wird. Denn das wollen die Hessen».

Das sagte Ypsilanti am Mittwochabend in der ZDF-Sendung «Johannes B. Kerner». Aus den Reihen der Grünen wurden Stimmen laut, eine rot-grüne Minderheitenregierung mit Tolerierung durch die Linke nicht auszuschließen. Die Linke bekräftigte ihre Bereitschaft, Ypsilanti zur Ministerpräsidentin zu wählen.

Nach dem für die großen Parteien knappen Wahlausgang und dem Einzug der Linken ins Parlament gibt es in Hessen weder eine Mehrheit für Schwarz-Gelb noch für Rot-Grün. Ypsilanti schloss eine Zusammenarbeit mit der Linken wie eine große Koalition aus. Bei «Kerner» sagte sie: «Ich glaube, dass die CDU noch nicht ganz verstanden hat, dass sie die Wahl verloren hat.» Die SPD-Vorsitzende und Hessens FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn vereinbarten einen Termin für ein Treffen. Über Ort und Zeit wurde Stillschweigen vereinbart. Ypsilanti hatte den Fraktionschefs von Grünen und FDP Zweier-Gespräche über ein mögliches Regierungsbündnis angeboten. Hahn lehnt eine Ampel- Koalition mit SPD und Grünen aber ab.

Hessens Ministerpräsident und CDU-Chef Roland Koch hatte alle Parteien außer der Linken zu Gesprächen eingeladen. Mit Hahn traf er sich bereits. Koch und Hahn wollten die nächste Woche ihren Urlaub in den Bergen verbringen, allerdings nicht gemeinsam.

Für die Einbeziehung der Linken in die hessische Koalitionsbildung plädierte die nordrhein-westfälische Grünen-Vorsitzende Daniela Schneckenburger. Hessens Grüne sollten weder eine von der Linken tolerierte rot-grüne Minderheitsregierung noch ein rot-rot-grünes Bündnis ausschließen, sagte sie der «tageszeitung». Die Tolerierung sei «sicherlich ein interessantes Modell», sagte Schneckenburger. Ein «hessischer Laborversuch» könne einen «Fortschritt in der politischen Kultur» markieren: «Die Westausdehung der Linkspartei ist vollzogen, nun müssen wir damit umgehen.»

Auch der frühere hessische Justizminister Rupert von Plottnitz (Grüne) sprach sich für eine von der Linken tolerierte rot-grüne Minderheitsregierung aus. «Man muss die Bildung einer Minderheitsregierung riskieren und abwarten, ob die Linke geschäftsfähig genug ist, das zu unterstützen», sagte er der «Frankfurter Rundschau». Erhebliche Zweifel äußerte er an der Möglichkeit einer schwarz-grün-gelben Koalition. Grünen-Chefin Claudia Roth lehnte diese sogenannte «Jamaika»-Koalition in der Münchner «tz» ab: «Es wäre völlig abwegig, der Mehrheitsbildner für eine komplett abgewählte Politik zu sein.»

Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) forderte seine Partei zu Lehren aus der Landtagswahl in Hessen auf. In der «taz» (Freitag) forderte er seine Partei auf, «sich den eigenen Spielraum künftig nicht mehr derart einzuengen. Ich verstehe auch nicht, dass man einen Alleinvertretungsanspruch auf das sogenannte bürgerliche Lager erhebt. Diese Abgrenzung erhält langsam Ausgrenzungscharakter.»