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Vor Fraktionssitzung Vor Fraktionssitzung: SPD-Reformkritiker zu Verständigung bereit

11.10.2003, 16:31
Sechs Abgeordnete der SPD stimmten im Bundestag gegen die Gesundheitsreform der Bundesregierung. Die Nein-Stimmen stammten von (von links, oben): Klaus Barthel, Horst Schmidbauer, Fritz Schösser sowie (von links, unten) Rüdiger Veit, Sigrid Skarpelis-Sperk und Ottmar Schreiner. (Foto: dpa)
Sechs Abgeordnete der SPD stimmten im Bundestag gegen die Gesundheitsreform der Bundesregierung. Die Nein-Stimmen stammten von (von links, oben): Klaus Barthel, Horst Schmidbauer, Fritz Schösser sowie (von links, unten) Rüdiger Veit, Sigrid Skarpelis-Sperk und Ottmar Schreiner. (Foto: dpa) SPD

Berlin/dpa. - Im SPD-internen Konflikt um die Arbeitsmarkt- undSozialreformen haben die Kritiker Bereitschaft zum Kompromisssignalisiert. Wenige Tage vor der Abstimmung über wichtige Gesetze andiesem Freitag im Bundestag reichen ihnen die bisherigen Aussagen derFraktionsführung jedoch noch nicht.

So macht der SPD-Bundestagsabgeordnete Ottmar Schreiner seineZustimmung zu den Arbeitsmarktreformen von tatsächlichen Änderungenabhängig. «Es ist abzuwarten, was in der Fraktionssitzung am Montagan Vorschlägen kommt», sagte der Sozialpolitiker am Samstag inErfurt. Es sei möglich, den Reform-Gesetzentwurf so zu korrigieren,dass er mehrheitsfähig werde. «Ich kenne bisher allerdings keineinziges Papier.» SPD-Fraktionschef Franz Müntefering warnte die rot-grüne Koalition nochmals vor den Folgen mangelnder Geschlossenheit.

Die SPD-Reformkritiker sind vor allem gegen die geplanteAnrechnung von Erträgen aus Lebensversicherungen beimArbeitslosengeld und strengere Zumutbarkeitsregelungen fürArbeitslose. Der SPD-Abgeordnete Klaus Barthel hält es für nicht mehrvorstellbar, wie geplant bereits an diesem Montag ein abschließendesUrteil über die Arbeitsmarktreformen zu fällen. Der Reformstreit«spitzt sich jetzt zeitlich zu», sagte er der «BraunschweigerZeitung» (Samstag).

Wie das Blatt berichtete, hat sich eine Expertengruppe von SPD undGrünen am Freitag auf eine Linie zu Nachbesserungen bei derZusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe verständigt. Unteranderem sollen ältere Langzeitarbeitslose einen hörenVermögensbeitrag beim Bezug des künftigen Arbeitslosengeldes IIbehalten dürfen. Die Annahme von Minijobs soll nur dann zumutbarsein, wenn sich die Bezahlung am örtlichen Tarifniveau orientiert.

Wirtschafts- und Arbeitsminister Wolfgang Clement (SPD) sagte demNachrichtenmagazin «Focus», über die Frage der Zumutbarkeit sei er«gern bereit zu diskutieren, aber mit möglichst klarem Blick».Natürlich werde kein Professor zum Würstchenverkäufer gemacht, wiedas die Reformkritikerin Sigrid Skarpelis-Sperk (SPD) angedeutethabe. Das seien abwegige, praxisferne Vergleiche.

Skarpelis-Sperk sprach in der «Berliner Zeitung» (Samstag) voneinem intensiven Diskussionsprozess über die Reformpläne. Sie hoffeauf ein positives Ergebnis. Der Abgeordnete Horst Schmidbauer setzteebenfalls auf eine Einigung vor der Abstimmung: «Priorität hat, dasswir eine gemeinsame Basis finden.» Die SPD-Führung habe offenkundiggelernt, dass es keinen Sinn habe, auf Konfrontationskurs zu denlinken Kritikern zu gehen.

Müntefering sagte der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Samstag), wenndie beiden Regierungsfraktionen bei der Abstimmung über dieArbeitsmarktgesetze keine eigene Mehrheit zu Stande brächten, gebe esauch schlichtweg keine Mehrheit für das Gesetz. Das wäre dann «einehöchst schwierige Situation». Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD)hatte sein politisches Schicksal an die Durchsetzung derReformgesetze geknüpft.

Der Vorsitzende des Bundestags-Wirtschaftsausschusses, Rainer Wend(SPD), gab dem linken Flügel seiner Partei die Schuld an den derzeitschlechten Umfrageergebnissen. «Unser Erscheinungsbild ist zu diffus.Wenn Ottmar Schreiner erklärt, dass unsere Reformen sozial totalungerecht seien, ist es den Wählern kaum zu vermitteln, dass unsereVorhaben bitternotwendig sind und sie davon profitieren werden»,sagte Wend der «Welt am Sonntag».