Verfahren beendet Verfahren beendet: Prozess um Misshandlungen in DDR-Kinderheim eingestellt

Leipzig/dpa. - Die Angeklagten akzeptierten damit ein Angebot derStaatsanwaltschaft Chemnitz, räumten jedoch keine Misshandlungen anKindern und Jugendlichen ein. Das Geld geht an gemeinnützigeEinrichtungen und an frühere Zöglinge. Die Nebenkläger zeigten sichsehr enttäuscht über die Entscheidung der Justiz.
«Die Strafrechtspflege ist nur sehr bedingt geeignet, historischeFälle wie diese aufzuarbeiten», sagte der Vorsitzende RichterBerthold Pfuhl zur Begründung der Entscheidung. Er verwies zudem aufdie lange Prozessgeschichte des Verfahrens. Das juristische Tauziehenum die Frage der Verjährung war bis zum Bundesverfassungsgerichtgegangen. Erst im November 2003 hatten die Karlsruher Richter den Wegfür das Verfahren frei gegeben. Die Taten lägen teilweise 18 Jahrezurück und seien dadurch schwer aufzuklären, sagte Pfuhl. Durch dieEinstellung blieben auch den Opfern unangenehme Konfrontationen undaufwendige Glaubwürdigkeitsgutachten erspart.
«Es ist sehr traurig, dass keiner der 50 Zeugen gehört wurde»,sagte der 29-Jährige Hauptzeuge. Der junge Mann lebt heute imbayerischen Hof und ist erwerbsunfähig. Laut Anklage ist dies Folgeder Misshandlung, die er als Zwölfjähriger im Spezialkinderheim«Erich Hartung» erlitt. In dem Heim waren Kinder aus der gesamten DDRuntergebracht, die als schwer erziehbar galten.
Seinen Schilderungen zufolge gab es erste Misshandlungen schon beiseiner Aufnahme ins Heim im Januar 1988. Sie sollen darin gegipfeltsein, dass ihm die 43-jährige Erzieherin seinen Kopf in eineToilettenbecken presste und die Wasserspülung zog. Weitere frühereZöglinge berichteten von Tritten und Schlägen, einer Arrestzelle imKeller, stundenlangem Stehen und «Entengang» in der Hocke.
Die Staatsanwaltschaft war von Freiheitsberaubung, Verletzung derErziehungspflicht und Körperverletzung ausgegangen. Nach DDR-Strafrecht, das bei einer Verurteilung gegolten hätte, wären maximalzwei bis drei Jahre Freiheitsstrafe möglich gewesen.
«Nach der langen Zeit wäre aber nicht mehr viel rausgekommen»,sagte Staatsanwalt Alexander Winterhalter. Vor dem Hintergrund seidie Zeit und Kosten sparende Lösung zu bevorzugen. «Ich denke, manmusste aber zunächst genug Druck aufbauen, um die Angeklagten dazu zubringen, eine Schuld einzugestehen», sagte er mit Blick auf das langeVerfahren. Zwar hatten die Angeklagten ausdrücklich betont, ihreZustimmung sei nicht mit einem Schuldeingeständnis gleichzusetzen.«Im Endeffekt ist es das aber doch», sagte Winterhalter.