Türkei Türkei: «Beim Wasser leben wir über unsere Verhältnisse»

Istanbul/Kopenhagen/dpa. - «Wir müssen verstehen, dass Wasser einebegrenzte Ressource ist», sagte der türkische StaatspräsidentAbdullah Gül bei seiner Eröffnungsrede. Die EU-Umweltagentur (EEA)verlangte in einem in Kopenhagen vorgelegten Bericht ein Ende deseuropäischen «Raubbaus» an der immer knapperen Ressource Wasser.Unterdessen gab es in Istanbul Proteste gegen große Staudammprojekteund die Nutzung des Wassers als Wirtschaftsgut. Die Polizei nahm 19Demonstranten fest, darunter eine Deutsche und eine Amerikanerin.
Animierte Grafik: Fünftes Weltwasserforum in Istanbul
Bei dem weltweit größten Expertentreffen soll bis zum Wochenendeüber den Zugang zu sauberem Wasser, Wasserrechte und den Einsatzmoderner Technologien beraten werden. Zu dem Treffen werden inIstanbul auch Vorsitzende internationaler Organisationen, Ministeraus mehr als 100 Staaten sowie Staats- und Regierungschefs erwartet.Insgesamt wird mit etwa 20 000 Teilnehmern gerechnet.
In einigen Ländern wie in der Türkei setzen Regierung undWirtschaft auf den Bau neuer Staudämme, um zusätzliches Land zubewässern und Energie zu erzeugen. Umweltgruppen warnen vor denFolgen solcher Großprojekte, die für Menschen und Natur neue Problemeschafften. Nicht-Regierungsorganisationen veranstalten in Istanbul indieser Woche ein Alternativforum.
5300 Kubikmeter Wasser verbrauche ein Europäer im Schnitt proJahr, schreibt die in Kopenhagen ansässige EU-Umweltagentur (EEA) ineinemReport. Das entspricht dem Fassungsvermögen von zweiolympischen Schwimmbecken. EEA-Direktorin Jacqueline Glade nannte denGesamtwasserverbrauch angesichts der Klimaveränderungen mitzunehmender Dürre im südlichen Europa einen «Raubbau, der gravierendeAuswirkungen haben wird».
Auch in Teilen Nordeuropas werde der «Wasserstress» zunehmen, weilinsgesamt zur kurzfristigen Behebung von Wasserknappheit immergrößere Wassermengen aus den Oberflächen- und Grundwasserreservoirsentnommen werden. «Beim Wasser leben wir über unsere Verhältnisse»,heißt im Bericht der Umweltagentur.
Nach den Erhebungen der EEA werden in Europa 44 Prozent desentnommenen Wassers für die Energieerzeugung verwendet, das aber zumgrößten Teil wieder zurückgeleitet wird. 24 Prozent fließen in dieLandwirtschaft, 21 Prozent in die öffentliche Wasserversorgung und 11Prozent in die Industrie. Im besonders von zunehmender Dürrebedrohten südlichen Europa allerdings würden 60 und teilweise sogar80 Prozent zu Bewässerungszwecken von der Landwirtschaft verbraucht.
Als akutes Problem neben der illegalen Entnahme von Wasser vorallem in der Landwirtschaft nannte die EEA den Verlust durch Lecks imöffentlichen Wasserversorgungssystem: In einigen Teilen Europasgingen dadurch 40 Prozent des Wassers verloren. Zur Begrenzung desWasserverbrauchs forderte die EEA an erster Stelle eine strengePreissetzung auf der Grundlage tatsächlich entnommener Wassermengen.