Trinh Xuan Thanh Trinh Xuan Thanh: Entführter Vietnamese zieht überraschend Berufung zurück

Der Fall des mutmaßlich aus Deutschland entführten Vietnamese Trinh Xuan Thanh hat eine überraschende Wendung genommen. Der frühere Geschäftsmann und kommunistische Parteifunktionär zog seine Berufung gegen die Verurteilung zu zwei Mal lebenslanger Haft zurück. Dies teilte ein Gericht in der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi am Montag mit. Dort hätte eigentlich an diesem Montag der Berufungsprozess gegen den 52-Jährigen beginnen sollen.
Warum Thanh auf die Berufung verzichtet, war zunächst unklar. Nach Angaben eines Gerichtssprechers machte er gesundheitliche Gründe geltend. Der Fall belastet die Beziehungen zwischen Deutschland und kommunistischen Einparteienstaat massiv.
Bundesregierung von Entführung überzeugt
Die Bundesregierung ist überzeugt, dass Thanh im Juli 2017 aus Berlin, wo er sich um Asyl bemüht hatte, entführt wurde. Vietnam behauptet, dass Thanh freiwillig in seine Heimat zurückgekehrt sei, um sich zu stellen. Hinter den Kulissen hatte es zwischen Hanoi und Berlin mehrfach Versuche gegeben, den Fall zu regeln.
Trinh Xuan Thanh betont erneut seine Unschuld
Der ehemalige Vorstandschef eines staatlichen Baukonzerns war im Frühjahr wegen Korruption und Misswirtschaft in zwei Verfahren zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Nach einem Bericht der vietnamesischen Nachrichtenagentur VNA zog er die Berufung in beiden Fällen zurück. In einem Schreiben ans Gericht betonte er jedoch erneut seine Unschuld. Seine Verteidigung behauptet, dass er nach einem Richtungsstreit innerhalb der KP in Ungnade gefallen sei.
Am Montag erschien Thanh auch nicht vor Gericht, sondern blieb in seiner Zelle. Von ihm selbst gab es keine näheren Angaben. Seine Mutter Dam Thi Ngoc Kha schwieg sich über die Hintergründe ebenfalls aus. Sie sagte der Deutschen Presse-Agentur (dpa): „Unsere Familie will im Augenblick still bleiben. Die Entscheidung wurde von Thanh selbst getroffen.“ Die Familie gilt als vermögend. Der Vietnamese hatte angekündigt, nach Deutschland zurückkehren zu wollen.
Mutmaßliche Hintermänner sind jedoch weiterhin auf freiem Fuß
In Berlin steht seit vergangenem Monat wegen der mutmaßlichen Entführung ein 47-jähriger Vietnamese vor Gericht. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm geheimdienstliche Agententätigkeit und Beihilfe zur Freiheitsberaubung vor. Die mutmaßlichen Hintermänner sind jedoch weiterhin auf freiem Fuß. Zwei vietnamesische Diplomaten mussten Deutschland bereits vergangenes Jahr verlassen.
Trotz der gegenwärtigen Belastungen hatte Vietnam vergangene Woche die Visa-Ausnahmeregelungen für Bundesbürger verlängert. Damit können Deutsche weiterhin ohne Visum in das südostasiatische Land einreisen, wenn sie nicht länger als 15 Tage bleiben. Manche werten dies als Signal, wieder zu normalen Beziehungen zurückkehren zu wollen. Allerdings sind Touristen - auch aus Deutschland - auch ein wichtiger Geldbringer für das südostasiatische Land. (dpa)