Tabaksteuer Tabaksteuer: Die Raucher sollen es richten
Berlin/MZ. - Es war Anfang der 70er-Jahre,da malte der US-Ökonom Arthur B. Laffer ineinem Washingtoner Restaurant eine Kurve aufeine Serviette, mit der er den Zusammenhangzwischen Steuersätzen und Staatseinnahmenverdeutlichen wollte: Die Kurve steigt mitden Sätzen zunächst an, stürzt aber an einembestimmten Punkt wieder ab. Laffer wolltedamit zeigen, dass der Staat seine Bürgernicht beliebig schröpfen kann.
Den letzten Beweis, dass die Theorie stimmt,lieferte die Tabaksteuer in Deutschland: Obwohldie Steuer zwischen 2002 und 2005 fünf Maldeutlich angehoben wurde, sank das Aufkommen.Die Raucher gewöhnten sich das Rauchen ab,sie stiegen auf Billigware um oder kaufenSchmuggelzigaretten. Eine erneute Anhebungder Steuer galt deshalb bisher als wenig sinnvoll.
Die schwarz-gelbe Koalition ließ sich davonallerdings nicht beirren. Sie plant, wie berichtet,eine Erhöhung der Tabaksteuer, um der Industrieweiterhin Ausnahmen bei der Ökosteuer gewährenzu können. Dabei will sie aber anders alszwischen 2002 und 2005 behutsam vorgehen,um den von Laffer beschriebenen Effekt zuvermeiden: Nach dem gestern bekannt gewordenenKonzept des Bundesfinanzministeriums solldie Steuer bis 2015 Jahr für Jahr sehr moderatsteigen, um die Ausweichreaktionen der Raucherzu verhindern. "Konzept für eine positiveEntwicklung der Tabaksteuer" nennt sich dasGanze, und es basiert interessanterweise aufeinem Modell der Tabakindustrie.
Nach Vorstellungen des Finanzministeriumssoll die Steuer auf eine Schachtel mit 19Zigaretten pro Jahr zwischen vier und achtCent steigen. Zum Vergleich: Die fünf Stufenzwischen 2002 und 2005 sahen jeweils 20 Centpro Packung vor. Gleichzeitig soll die Steuerauf den bisher vergleichsweise niedrig belastetenFeinschnitt überproportional stark steigen,um den Umstieg auf die preiswerte Selbstgedrehteunattraktiv zu machen. Geplant ist eine Erhöhungum jährlich zwölf bis 14 Cent je 40-Gramm-Packung.Außerdem soll es im Billigsegment durch eineMindeststeuer eine einmalige Preisanhebungum bis zu 45 Cent je Packung geben. Auch Zigarrenund Zigarillos sollen durch eine Mindeststeuerteurer werden. Im Modell der Tabakindustrievom April waren die einzelnen Erhöhungsschrittesogar noch größer ausgefallen. Rätselhaftbleibt allerdings, warum die Industrie selbstfür eine höhere Steuer geworben hat. Vermutlichwollen die Hersteller damit eigene Preissteigerungenkaschieren.
Die Opposition kritisierte das Vorhaben derRegierung scharf. Grünen-Chef Cem Özdemirsagte, das Motto laute nun "Rauchen für dieKonzerne". Die Regierung protegiere ökologischschädliche Subventionen und verabschiede sichdamit endgültig vom Klimaschutz. Auch SPDund Linkspartei sprachen von einem neuerlichenBeispiel für Klientelpolitik.
Regierungssprecher Steffen Seibert widersprachjedoch Vorwürfen, der Kompromiss sei sozialunausgewogen und komme der Industrie entgegen.Es sei um die Sicherung von Arbeitsplätzengegangen, in der energieintensiven Industriedie von 870000 Menschen. CDU-GeneralsekretärHermann Gröhe sagte: "Ich glaube, die Menschenin diesem Land brauchen zwingender Jobs alsbillige Zigaretten."