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Rüstung Rüstung: Regierung weiß nichts von NVA-Panzern im Kurdengebiet

20.10.2004, 12:58

Berlin/dpa. - Die Bundesregierung hat keine Erkenntnisse übereinen Einsatz deutscher Schützenpanzer gegen Kurden in der Osttürkei,will einen entsprechenden ZDF-Bericht aber überprüfen. Gegebenenfallsmüssten Konsequenzen gezogen werden, sagte Regierungssprecher BélaAnda am Mittwoch in Berlin. Der Liefervertrag von 1994 schließe einensolchen Einsatz aus. Anda wollte sich nicht dazu äußern, ob dieRegierung ihre Bereitschaft zur Lieferung von Leopard-Kampfpanzern imFalle eines Vertragsverstoßes der Türkei aufrecht erhalten würde. DieFrage sei zu ernsthaft, als auf der Basis eines Fernsehberichts überKonsequenzen zu spekulieren, sagte er.

Während die SPD auf den Bericht zurückhaltend reagierte, zeigtensich Grünen-Politiker alarmiert. Der Parlamentarische Grünen-Geschäftsführer Volker Beck sah kaum eine Chance für neuePanzerlieferungen an die Türkei, falls das türkische Militär diePanzer der ehemaligen Nationalen Volksarmee (NVA) tatsächlich gegenKurden eingesetzt haben sollte. «Ich kann mir nicht vorstellen, dassman in die Türkei dann erneut Panzer exportiert.» Er sehe in diesemFall «keine Chance» für die Zustimmung zu einem solchen Exportantrag.

Grünen-Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele lehnte eine möglicheLieferung von Leopard-Panzern entschieden ab. «Die Türkei hält nichtdas, was sie verspricht», sagte er dem «Kölner Stadtanzeiger»(Donnerstag). «Nach den neuesten Informationen ist es für michundenkbar, dass wir zusätzlich Leopard-Panzer dorthin liefern. Denndie Befürchtung scheint begründet, dass wir auch diese Panzer einesTages in einem solchen Einsatz wiederfinden.» Der ParlamentarischeGeschäftsführer der SPD, Wilhelm Schmidt, wollte sich nicht zumöglichen Konsequenzen äußern.

Das NATO-Land Türkei hat laut Bundesregierung seit längeremInteresse an überschüssigen Kampfpanzern vom Typ Leopard 2, eineoffizielle Anfrage liege aber nicht vor.

Das ZDF hatte berichtet, in der Provinz Sirnak würden Panzer, diedie Bundeswehr Anfang der 90er Jahre der Türkei zurLandesverteidigung überlassen habe, jetzt von Spezialkräften dertürkischen Gendarmerie im Kurdengebiet genutzt. Ein ehemaliger NVA-Soldat sagte dem Sender, es handele sich eindeutig um Schützenpanzerder NVA, die zunächst noch von der Bundeswehr genutzt worden seien.

Die Bundesregierung hatte in der vorigen Woche mit Blick auf dieerwarteten EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei Bereitschaftsignalisiert, deutsche Kampfpanzer zu liefern. 1999 hatte der Streitum die geplante Lieferung eines Testpanzers an die Türkei noch eineschwere rot-grüne Koalitionskrise ausgelöst.