Russland Russland: Kreml-Widersacher Chodorowski in Haft

Moskau/dpa. - Oppositionelle Politiker reagierten besorgt über die Entwicklung.Die Ermittlungen im Umfeld von Yukos hatten begonnen, nachdemChodorkowski Anfang dieses Sommers angekündigt hatte, er wolle imWahlkampf vor der Parlamentswahl im Dezember den liberalen ParteienJabloko und Union Rechter Kräfte helfen, die in Opposition zum Kremlstehen.
Neben schwerem Betrug werden Chodorkowski, dessen Vermögen aufknapp acht Milliarden Dollar geschätzt wird, Unterschlagung undSteuerhinterziehung angelastet. Die Forderung nach Untersuchungshaft,der das Gericht nach mehrstündiger Anhörung und Beratung folgte,begründeten die Ermittler damit, das Chodorkowski dem russischenStaat «Schaden in Höhe von über einer Milliarde Dollar zugefügt»habe. Bei einer Verurteilung drohen dem Chef des zweitgrößtenrussischen Ölkonzerns bis zu zehn Jahre Haft.
Am Samstagmorgen war der Öl-Magnat bei einer Zwischenlandungseines Flugzeugs in Nowosibirsk von Angehörigen desInlandsgeheimdienstes FSB festgesetzt und umgehend nach Moskaugebracht worden. Die Generalstaatsanwaltschaft in Moskau begründeteihr Vorgehen damit, Chodorkowski sei zuvor nicht zu einer Vernehmungerschienen. «Er hat die Vorladung demonstrativ ignoriert», sagte einJustizsprecher. Yukos-Rechtsanwalt Anton Drel sprach von einemwillkürlichen Vorgehen der Behörden.
Nach der Vernehmung zu Fragen im Zusammenhang mit der früherenFestnahme von leitenden Yukos-Angestellten und dem Verdacht derSteuerhinterziehung innerhalb des Konzerns wurden die Strafverfahrengegen den Öl-Magnaten eingeleitet. Nach Worten einesBehördensprechers sind weitere Anklagen möglich, da dieStaatsanwaltschaft in über 50 Fällen gegen Chodorkowski und Yukosermittle. Die Konzernleitung bezeichnete die Anschuldigungen als«absurd» und vermutete politische Motive hinter den Ermittlungen.
Chodorkowski wurde in das Moskauer Untersuchungsgefängnis«Matrosskaja tischina (Matrosen-Ruhe, nach einem im 18. Jahrhundertdort gebauten Krankenhaus für Matrosen benannt) überstellt, wo ernach offiziellen Angaben in eine Gemeinschaftszelle kam. «Für eineSonderbehandlung gibt es keinen Grund, und auch das Gesetz sieht diesnicht vor», sagte am Sonntag Vize-Justizminister Juri Kalinin.
Die Justiz hatte im Juli einen der Yukos-Hauptaktionäre, PlatonLebedjew, wegen angeblichen Betrugs bei einem Privatisierungsgeschäftin den 90er Jahren festgenommen. Daneben läuft ein Verfahren wegenangeblichen Mordes gegen einen Mitarbeiter der Sicherheitsabteilungdes Konzerns. Im Oktober wurde gegen einen weiteren Yukos-Manager einVerfahren wegen Steuerhinterziehung eingeleitet.
In ersten Reaktionen äußerten sich russische Politiker besorgtüber die Entwicklung. Der kommunistische Duma-Vorsitzende GennadiSelesnjow äußerte die Hoffnung, dass «hinter all diesen Ereignissennicht ein politischer Auftrag steht». Für die Union Rechter Kräftewar der politische Charakter der Aktion gegen Yukos und Chodorkowski«offensichtlich». Alexander Melnikow von der Jabloko-Partei sowieandere Abgeordnete befürchteten negative Auswirkungen am heimischenAktienmarkt für Yukos sowie «schweren Schaden für die WirtschaftRusslands insgesamt».