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Neues Gesetz  Psychartriegesetz in Bayern: Kritik wegen Stigmatisierung von psychisch Kranken

17.04.2018, 12:45
Die CSU-Zentrale in München.
Die CSU-Zentrale in München. dpa

München - Verbände und Parteien laufen Sturm gegen den Entwurf eines neuen Psychiatriegesetzes der CSU-Regierung in Bayern, der am Mittwoch in erster Lesung im Landtag behandelt wird.

„Durch das sogenannte Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz werden Menschen mit psychischen Problemen, die für sich und andere eine Gefahr darstellen könnten, in Bayern bald wie Straftäter behandelt“, warnte die SPD-Fraktion im bayerischen Landtag am Dienstag auf Facebook. Die Partei kündigte ebenso wie Grüne und Freie Wähler entschiedenen Widerstand gegen das Gesetz an.

Unterbringungsdatei sorgt für Empörung

Mit dem Gesetz will die bayerische Landesregierung im Grunde die Versorgung für Menschen mit psychischen Erkrankungen und Krisen ausbauen. Ein Schwerpunkt ist ein rund um die Uhr erreichbarer Krisendienst, um Betroffene frühzeitig aufzufangen. Dadurch sollen stationäre Unterbringungen, vor allem sogenannte Zwangseinweisungen, deutlich verringert werden. Zudem sollen landesweite Päventionsstellen psychisch Kranken, die zu Gewalt neigen, ambulante Hilfe anbieten.

Für Empörung sorgt vor allem die geplante Unterbringungsdatei. Dort sollen für mindestens fünf Jahre von allen auf Anordnung des Gerichts in die Psychiatrie eingewiesenen Menschen Daten gespeichert werden, darunter Name, Familienstand, Krankheitsbezeichnung und Dauer der Unterbringung. Dies soll auch zur Verfolgung von Straftaten genutzt werden können.

Massive Kritik aus anderen Parteien

Die bayerische SPD-Fraktion spricht von „einer Katastrophe für die psychisch Kranken“. Anhand der gespeicherten Daten könnten die Behörden so auch feststellen, ob jemand zum Beispiel wegen Depressionen in der Klinik war. Diese Menschen würden „künftig behandelt wie verurteilte geisteskranke Verbrecher“, warnte Kathrin Sonnenholzner (SPD), Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Landtag.

Auch die Grünen im bayerischen Landtag warnten, Krankheitsdaten etwa von Depressionspatienten hätten „in einer für Dritte außerhalb der psychiatrischen Einrichtung einsehbaren Unterbringungsdatei nichts verloren“. Der Gesetzentwurf erinnere „fatal“ an die vor 30 Jahren von der CSU geplanten Register für HIV-Erkrankte.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Maria Klein-Schmeink, warf der CSU-Regierung vor, mit ihrem Gesetzentwurf psychisch Kranke zu stigmatisieren. Psychisch Kranke würden wie Straftäter behandelt, Psychiater „zu Hilfsorganen der Polizei gemacht“. Viele würden sich dann nicht mehr trauen, offen über ihr Leid zu sprechen.

Martin Hagen, Spitzenkandidat der FDP Bayerns zur Landtagswahl, warf der Staatsregierung vor, sie stelle „die Grundrechte psychisch kranker Bürger zur Disposition“. Karl Vetter, gesundheitspolitischer Sprecher der Landtagsfraktion der Freien Wähler, betonte, es handele sich „um Menschen in einer psychischen Krise, nicht um Straftäter“.

Gefahrenabwehr statt Hilfe

Auch der Paritätische Wohlfahrtsverband in Bayern hatte den Gesetzentwurf zuvor bereits heftig kritisiert. Statt Hilfe und Heilung in den Vordergrund zu stellen, gehe es im Gesetz primär um Gefahrenabwehr.

Der Landesverband Bayern der Angehörigen psychisch Kranker warnte, das Gesetz vermische „in völlig unzutreffender Weise“ die Behandlung von psychisch erkrankten Menschen in einer Klinik mit der längerfristigen Unterbringung von Straftätern im Maßregelvollzug. (afp)