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Nahost Nahost: Waffenruhe nach einem Monat Libanon-Krieg

14.08.2006, 05:57
Gelöste Stimmung nach der Waffenruhe: Israelische Soldaten begrüßen einander an der Grenze zum Libanon. (Foto: dpa)
Gelöste Stimmung nach der Waffenruhe: Israelische Soldaten begrüßen einander an der Grenze zum Libanon. (Foto: dpa) EPA

Tel Aviv/Beirut/Berlin/dpa. - Nach schweren Kämpfen noch in der Nacht trat amMorgen eine Waffenruhe gemäß der UN-Resolution 1701 in Kraft, Israelund die radikal-islamische Hisbollah-Miliz stellten ihre heftigenGefechte ein. Trotz der israelischen Warnung vor möglichen weiterenAngriffen gegen die Hisbollah machten sich tausende libanesischeFlüchtlinge in langen Autokolonnen in ihre Heimatorte im Südlibanonauf. Die Atmosphäre in Israel blieb gespannt.

Gleichzeitig ging die Diskussion über die Zusammensetzung einerUN-Truppe weiter, die nach einem israelischen Abzug im Südlibanongemeinsam mit der regulären Armee des Landes für Ruhe sorgen soll.Aller Wahrscheinlichkeit nach wird sich auch die Bundeswehr an derFriedensmission beteiligen. Die Bundesregierung will frühestens inder kommenden Woche über einen solchen Einsatz entscheiden.Außenminister Frank-Walter Steinmeier brach zu seiner dritten Nahost-Vermittlungsreise in vier Wochen auf.

Im Südlibanon kam es nach Beginn der Waffenruhe zu mehrerenZwischenfällen. Israelische Soldaten eröffneten nach Medienberichtenmindestens vier Mal das Feuer auf bewaffnete Hisbollah-Kämpfer undtöteten sechs Männer. Bei der Explosion von Blindgängern im DorfAnsar und in der Region Nabatija starb ein Zivilist, zwölf Menschenwurden verletzt.

Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert kündigte imParlament an, die Hisbollah-Führung werde weiter «an jedem Ort und zujedem Zeitpunkt» verfolgt. «Diese Leute werden von uns keine Ruhebekommen», sagte Olmert. «Wir brauchen uns dafür nicht zuentschuldigen und niemanden um Erlaubnis bitten».

Die israelische Armee warnte libanesische Flüchtlinge davor, voreinem Eintreffen internationaler Truppen in den umkämpften Süden desLandes zurückzukehren. «Die israelische Armee wird die Waffenruherespektieren, wird aber weiter ihre Truppenverbände und die BürgerIsraels schützen», teilten die Streitkräfte mit.

Nach einem Bericht des libanesischen Rundfunks zog sich eine«begrenzte Zahl» israelischer Soldaten aus dem Südlibanon zurück.Anzeichen für einen Rückzug von Hisbollah-Milizionären gab es nicht.Die Waffenruhe ist Teil der Sicherheitsratsresolution 1701. Sie siehtvor, dass jeweils 15 000 libanesische und internationale Soldatenanstelle der Israelis und der Hisbollah in den Südlibanon einrücken.

Hunderte libanesische Familien, die in den vergangenen vier Wochenvor den Kämpfen und Luftangriffen aus dem Südlibanon nach Beirut undin den Norden geflohen waren, machten sich bereits wenige Stundennach dem Beginn der Waffenruhe auf den Weg zurück in ihre Dörfer. DieVertriebenen fuhren in Kleinbussen und Privatfahrzeugen in langenKolonnen vor allem über die Stadt Sidon nach Süden.

In der Hafenstadt Tyrus trafen erstmals seit Tagen zwei UN-Hilfskonvois mit Wasser, Lebensmitteln und Medikamenten ein. NachAngaben des Internationen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) sind imLibanon insgesamt zwischen 400 000 und 450 000 Flüchtlinge aufHilfsleistungen angewiesen. Schwedens Regierung lud 60 Staaten undinternationale Organisationen zu einer Geberkonferenz für denWiederaufbau im Libanon am 31. August ein.

Auch in die von der Hisbollah dominierten Stadtviertel im SüdenBeiruts, die nach den Angriffen der israelischen Armee in weitenTeilen zerstört sind, kehrten die Bewohner zurück. Der italienischeAußenminister Massimo D'Alema erklärte nach einem Besuch des Südensder libanesischen Hauptstadt: «Dieser Krieg ist eine Tragödie.»

Außenminister Steinmeier will nach Gesprächen in Jordanien andiesem Dienstag in Damaskus auch Syriens Präsident Baschar al-Assadtreffen. Damit will er Syrien, das als Unterstützer der Hisbollahgilt, stärker in die Suche nach einem dauerhaften Frieden einbinden.

Derweil kann ein rund 150 Kilometer langer Ölteppich vor der Küstedes Libanons immer noch nicht wirksam bekämpft werden. Helfer ausverschiedenen EU-Staaten könnten erst dann eingesetzt werden, wennsich zeige, dass die Waffenruhe wirklich halte, sagte eine Sprecherinder EU-Kommission in Brüssel. Die Umweltkatastrophe war nach derisraelischen Bombardierung eines küstennahen libanesischen KraftwerksMitte Juli entstanden. Der Ölteppich hat nach Erkenntnissen derUmweltschutzorganisation WWF bereits 170 Kilometer der libanesischenund der syrischen Küste verseucht.

Infokarte Israel und Libanon (Grafik: dpa)
Infokarte Israel und Libanon (Grafik: dpa)
dpa