Mehr als nur Geld

04.10.2012, 16:39

Halle/MZ/jkl. - Einen Einser-Schnitt im Abi und ganz außergewöhnliche Talente, das verbinden viele Studienanfänger mit Studienstipendien. Eine Bewerbung trauen sich viele deshalb nicht zu. Dabei lohnt es sich durchaus genauer hinzusehen, denn wer sich sozial und gesellschaftlich engagiert oder einen interessanten Lebenslauf hat, wird damit bei einer Bewerbung punkten können. Die MZ hat bei Stipendiaten nachgefragt, wie sie an ein Stipendium gekommen sind und wie sie davon profitieren:

Tobias Bartel erhält dasDeutschlandstipendium

Vor zwei Semestern bekamen wir Studenten eine E-Mail der Hochschule Harz, worin Informationen zum Deutschlandstipendium zu entnehmen waren. Beschrieben wurde ein Programm, welches besonders leistungsstarke Studenten fördern soll. Ich war unsicher, ob ich geeignet bin, wurde jedoch von meiner Freundin überredet, eine Bewerbung zu verfassen.

Wichtigster Bestandteil hierbei war das Motivationsschreiben, worin erklärt wird, was einen selbst hervorhebt. Ich habe versucht eine bodenständige Formulierung zu wählen und mich nicht als Überflieger zu beschreiben. Daraufhin wurde das Stipendium bewilligt - vorerst für zwei Semester. Vor kurzem habe ich eine Verlängerung erhalten. Als Stipendiat bekommt man 300 Euro. Diese stellen eine enorme Hilfe dar, da ich zuvor auf Nebenjobs angewiesen war. Die Hälfte des Stipendiums wird von einem Stifter übernommen; in meinem Fall war dies: "Harzer Hochschulgruppe e.V.". Während des Stifterabends an der Hochschule Harz besteht die Möglichkeit, die Förderer kennenzulernen. Häufig sind diese auf der Suche nach gutem Nachwuchs.

Tobias Bartel, 25 Jahre, studiert an der Hochschule Harz im 5. Semester BWL / Dienstleistungsmanagement

Torsten Janke studiert mit dem Aufstiegsstipendium

Für das Aufstiegsstipendium können sich Studienanfänger und Studenten mit Berufserfahrung bewerben. Ich selbst habe einen Abschluss als staatlich geprüfter Techniker Fachrichtung Chemietechnik. Seit 2010 studiere ich berufsbegleitend an der Hochschule Anhalt Verfahrenstechnik. Durch Zufall habe ich schon vor Studienbeginn vom Aufstiegsstipendium erfahren und war natürlich freudig überrascht, dass meine Bewerbung Erfolg hatte.

Ich musste dazu einen Online-Fragebogen ausfüllen und wurde dann aufgefordert, meinen Lebenslauf und meine Zeugnisse per Post zu schicken. Anschließend wurde ich zu einem Online-Kompetenzcheck eingeladen. Das heißt, man beantwortet am Computer zu Hause zum Beispiel Fragen zu seiner Persönlichkeit. Wenn man diesen Test besteht, wird man zu einem persönlichen Gespräch eingeladen. Für Vollzeitstudenten gibt es auch einen Zuschuss zum Lebensunterhalt. Ich erhalte als berufstätiger Stipendiat Zuschüsse, die meine Reisekosten, das Lernmaterial und die Studiengebühren abdecken. Finanziell ist das eine große Hilfe.

Torsten Janke, 35 Jahre, studiert an der Hochschule Anhalt im 5. Semester Verfahrenstechnik

Maria Wazinski ist Stipendiatin der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS)

Ich bin relativ spät zur Konrad-Adenauer-Stiftung als Stipendiatin gekommen, das heißt, zu Beginn meines Master-Studiums. Mindestens vier Studiensemester muss man noch vor sich haben, um sich zu bewerben. Die Stiftung war mir schon vorher bekannt. Den Anstoß, mich zu bewerben, hat mir dann letztlich ein Kommilitone gegeben, der mir viel von der ideellen Förderung der KAS-Stipendiaten und von den Grundwerten berichtet hat, die die KAS als CDU-nahe politische Stiftung vertritt. Das alles hat mich sehr angesprochen.

Für die Bewerbung verfasst man unter anderem einen ausformulierten Lebenslauf. Dabei sollte man vor allem darauf eingehen, wie man sich bisher ehrenamtlich engagiert hat. Wichtig sind auch die Beweggründe, sich bei der KAS als Stipendiatin zu bewerben. Im Falle der politischen Stiftungen sollte man vorher recherchieren, welche Stiftung zu den eigenen Einstellungen und Grundwerten passt. Wenn die erste Bewerbungsstufe genommen ist, wird man zu einem Auswahlseminar eingeladen.

Als Stipendiatin erhalte ich nun Büchergeld und ein Teilstipendium, dessen Höhe wie beim Bafög vom Einkommen der Eltern abhängig ist. Weitaus wichtiger ist mir aber die ideelle Förderung. Hier bietet die KAS unter anderem ein reichhaltiges Seminarprogramm an. Außerdem profitieren wir Stipendiaten von dem Kontakt zu den anderen derzeitigen Stipendiaten sowie zu den ehemaligen Stipendiaten und erhalten über einen Newsletter Praktikumsangebote und Stellenausschreibungen.

Maria Wazinski, 25 Jahre, studiert an der Uni Halle im 3. Mastersemester Arabistik / Islamwissenschaften und Judaistik / Jüdische Studien

Christian Annecke ist Stipendiat der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES)

Ich finde, dass immer noch zu wenige Abiturienten in Erwägung ziehen, sich für ein Stipendium zu bewerben. Sie denken, dass ihr Notenschnitt nicht ausreicht oder sie nicht interessant genug sind. Wer sich aber sozial und gesellschaftlich engagiert, einen Migrationshintergrund hat oder - so wie ich - der erste in der Familie ist, der studiert, hat gute Chancen, ein FES-Stipendium zu bekommen. Ich engagiere mich zudem bei den Jusos. Eine SPD-Mitgliedschaft ist aber keine Voraussetzung. Der größte Teil der FES-Stipendiaten hat kein Parteibuch

. Man sollte sich aber mit den Grundwerten der sozialen Demokratie identifizieren.

Das Bewerbungsverfahren beginnt mit einem Onlinefragebogen. Erfüllt man hier die Voraussetzungen, wird man aufgefordert, Unterlagen wie einen ausformulierten Lebenslauf, ein Motivationsschreiben, Zeugnisse und Nachweise ehrenamtlichen Engagements einzureichen. Der nächste Schritt ist dann ein Vorstellungsgespräch.

Gefördert werde ich nun mit einem Stipendium und Büchergeld. Diejenigen, die von ihren Eltern ausreichend unterstützt werden, erhalten nur das Büchergeld von derzeit 150 Euro. Außerdem gibt es eine tolle ideelle Förderung, zum Beispiel eine Fülle von Seminaren und Arbeitskreisen. Wichtig finde ich auch den Kontakt zu ehemaligen Stipendiaten, die aktuelle Stipendiaten als Mentoren betreuen.

Christian Annecke, 22 Jahre, studiert an der Universität Halle im 5. Semester Politik und Soziologie

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