Kritik am Verteidigungsminister Kritik am Verteidigungsminister: «Scharping redet Probleme bloß schön»
Köln/Berlin/dpa. - Der Minister wollte in die Truppe «hineinhören», um bei der Umsetzung der größten Umstrukturierung in der Geschichte der Bundeswehr von den Offizieren Ratschläge und Hinweise zu erhalten. Mehrere von ihnen sagten danach im Zwiegespräch mit Journalisten: «Es zeichnet sich nicht der geringste Hoffnungsschimmer ab, dass es in absehbarer Zeit besser wird».
Die Kommandeure hatten dem Minister den Zustand ihrer Einheiten ohne Umschweife klar gemacht: Defekte Fahrzeuge und Flugzeuge, Kasernen in schlechtem Zustand, massiver Rückgang der Bewerberzahlen und eine durch und durch unzufriedene Truppe. Die Lage sei in den 45 Jahren der Geschichte der Bundeswehr noch nie «so ernst wie heute gewesen», meinte ein Oberstleutnant.
Besonders wird Scharping von den Offizieren verübelt, dass er sich angesichts der «bedrohlichen Lage» entgegen aller seiner Versprechungen jetzt «widerstandslos» unter das «schroffe Spardiktat» vom Kabinettskollegen Hans Eichel (SPD) und Kanzler Gerhard Schröder (SPD) begeben habe. Er marschiere nur noch als «braver Parteisoldat», sagte der Oberstleutnant.
Die Soldaten fühlen sich nach ihrer Darstellung als «Spielball» von Koalitions- und Haushaltsauseinandersetzungen auf der politischen Bühne in Berlin. Die Offiziere vertraten die Ansicht, dass die Politik nicht auf der einen Seite immerzu neue Anforderungen an die Soldaten stellen und gleichzeitig die Mittel dafür kürzen könne. Der Vorsitzende des Bundeswehr-Verbandes, Oberst Bernhard Gertz, hatte erst vor kurzem festgestellt: «Scharping ist der schlechteste Verteidigungsminister, den die Bundeswehr je hatte».
Die Offiziere stimmten im Gespräch unter vier Augen auch den Ausführungen des Wehrbeauftragten Willfried Penner «uneingeschränkt» zu, der in der vergangenen Woche bei der Vorlage seines Jahresreports «Frust, Perspektivlosigkeit und tief sitzenden Ärger» bei den Soldaten registriert hat. Auch die Nato ist hellhörig geworden. Aus Brüssel gibt es nach zuverlässig vorliegenden Informationen Anfragen: «Was ist los bei der Bundeswehr. Wie soll das weitergehen?»
Es gibt in Berlin Spekulationen bei Insidern, wie lange sich Scharping noch «halten kann». Er selbst beteuert: «Ich habe ein anstrengendes und schönes Amt. Die historische Aufgabe der Bundeswehrreform will ich erfolgreich zu Ende bringen».
Das Verteidigungsministerium dementierte, dass es angesichts der Reformpläne eine unzufriedene Truppe gebe. Davon könne «überhaupt keine Rede sein», erklärte ein Scharping-Sprecher in Berlin. Die Bundeswehr sei und bleibe ein attraktiver Arbeitgeber, «in dem Soldaten und zivile Mitarbeiter engagiert ihren Auftrag erfüllen».