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Kriegsende vor 60 Jahren Kriegsende vor 60 Jahren: In der Schlacht um Wien starben über 40 000 Menschen

08.04.2005, 08:22
Rauchwolken steigen im April 1945 über dem Stephansdom in Wien auf. In der Nacht vom 11. zum 12. April 1945 wurde das Bauwerk in Folge der Kriegswirren in Brand gesetzt. (Foto: dpa)
Rauchwolken steigen im April 1945 über dem Stephansdom in Wien auf. In der Nacht vom 11. zum 12. April 1945 wurde das Bauwerk in Folge der Kriegswirren in Brand gesetzt. (Foto: dpa) Votava

Wien/dpa. - Spätestens seit dem Luftangriff der westlichen Alliierten am 12.März ahnten die Menschen, was auf sie zukommen würde. An diesem Tag hatten alliierte Flugzeuge Tausende Tonnen Bomben über der Innenstadt abgeworfen. 900 Zivilisten wurden bei dem Angriff getötet und zahlreiche Gebäude, darunter die weltberühmte Staatsoper, weitgehend zerstört.

Die eigentliche Schlacht um die von den Nazis zur Festung erklärte Stadt begann am 6. April. Das Kräfteverhältnis zwischen Rotarmisten unter Marschall Fjordor Tolbuchin und Wehrmachtssoldaten war 4 zu 1. Die Verteidiger bauten in den Außenbezirken Barrikaden auf, die vonder Bevölkerung zum Teil wieder entfernt wurden.

Es herrschte Standrecht, Hunderte von politischen Häftlingenwurden in den letzten Kriegstagen hingerichtet. Hitlers gefürchteteGeheimpolizei (Gestapo) hängte drei österreichische Offiziere anLaternenmasten auf. Sie hatten als Angehörige der Widerstandsgruppe«0 5» mit den Russen vor Beginn des entscheidenden Angriffs heimlichüber eine kampflose Übergabe der Stadt verhandelt.

Einschläge von Granaten lösten Großbrände im Zentrum Wiens aus.Das Parlament, das Burgtheater und andere bedeutende Gebäude standenin Flammen. Jedes dritte Haus wurde zerstört oder beschädigt. DerNazi-Statthalter Baldur von Schirach setzte sich Richtung Bayern ab.Wie Hohn klangen da Hitlers Worte: «Berlin bleibt deutsch und Wienwird wieder deutsch.»

Am 12. April schlugen Geschosse im Stephansdom ein, demWahrzeichen der Stadt. Das Dach brannte vollständig aus, die großePummerin-Glocke stürzte aus dem Glockenturm und zerschellte. Tagsdarauf brach der militärische Widerstand zusammen, aus den Fensternhingen weiße Tücher als Zeichen der Kapitulation.

Die Kriegsbilanz für Wien ist grausam: Insgesamt 90 000 Männerwaren seit Kriegsbeginn als Soldaten der Wehrmacht an der Frontgetötet worden. Die Nazis ermordeten mindestens 60 000 Wiener Juden.Die Stadt bot ein Bild der Verwüstung. Meterhoher Schutt blockiertedie meisten Straßen durch die Brandruinen, vor denen zerstörte Panzerlagen. Auf Grünanlagen entstanden Behelfsfriedhöfe.

Die Hauptstadt bemühte sich um eine schnelle Rückkehr zu etwasNormalität. Schon am 30. April spielte das Ensemble des Burgtheaterswieder, und die Philharmoniker gaben am 1. Mai ihr erstesNachkriegskonzert. Bis das offizielle Österreich mit der eigentlichenVergangenheitsbewältigung begann, sollten jedoch noch Jahrzehntevergehen.