1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Japan: Japan: Lesbische Abgeordnete kämpft um Anerkennung

Japan Japan: Lesbische Abgeordnete kämpft um Anerkennung

20.06.2007, 07:06
Die japanische Politikerin Kanako Otsuji (undatierte Aufnahme). (Foto: dpa)
Die japanische Politikerin Kanako Otsuji (undatierte Aufnahme). (Foto: dpa) dpa

Tokio/dpa. - «Ich konnte es selbst nicht akzeptieren», erzählt die inzwischen 32-Jährige. Heute sitzt sie als Politikerin der größtenOppositionspartei des Landes, der Demokratischen Partei Japans (DPJ),in ihrem Wahlkampfbüro in Tokios Schwulen-Viertel im StadtteilShinjuku und kämpft für die Anerkennung von Homosexuellen in ihremLand. Ungeachtet kontroverser Meinungen hat ihre Partei sie alsKandidatin für die Ende Juli geplante Oberhauswahl aufgestellt.Sollte sie ins nationale Parlament einziehen, wäre sie dort der erste offen bekennende homosexuelle Politiker in der Geschichte Japans.

«Es ist im alltäglichen Leben in Japan noch immer schwierig, sichzu outen und zu erzählen, was für Probleme Homosexuelle in derGesellschaft haben», sagt Otsuji im Gespräch. Zwar gibt es in großenStädten lebendige Schwulen-Szenen, gegenüber ihren Familien oderArbeitgebern aber verheimlichen viele ihre sexuelle Orientierung. InJapan ist Homosexualität an sich zwar seit langem akzeptiert, dochwird nicht darüber diskutiert. Im Mittelalter war Homosexualität zumBeispiel unter Samurai ein offenes Geheimnis. Japan sei eine Kulturdes Schams und auch Homosexualität habe bisher als etwas gegolten,wofür man sich schämen müsse, sagt Otsuji. Auch wenn es keine offeneFeindseligkeit gegenüber Homosexuellen gebe, hinke Japan doch beimBewusstsein sexueller Vielfalt hinter vielen westlichen Ländern her.

Als sich Otsuji vor zwei Jahren als Abgeordnete imPräfekturparlament von Osaka anlässlich einer Gay-Parade «outete»,hätten die meisten ihrer Kollegen keine Reaktion gezeigt, erzähltsie, sondern das Thema einfach ignoriert. Ihr Wahlkampfeinsatz fürdie Rechte von Homosexuellen erfolgt zu einer Zeit, da die Regierungdes rechtskonservativen Ministerpräsidenten Shinzo Abe im Volkmoralische Werte und das Bild von der traditionellen Familie stärkenwill. In Otsujis Büro steht ein kleines Foto, das sie mit ihrerPartnerin zeigt, beide im weißen Hochzeitskleid. Sie haben kürzlichgeheiratet, rechtlich jedoch werden Homosexuellen-Ehen nichtanerkannt. Es gebe kein Gesetz gegen Diskriminierung, beklagt Otsuji.Auch hätten homosexuelle Paare nicht die soziale Absicherung wieandere Ehepaare.

So sei es schwierig, einen homosexuellen Partner als Begünstigteneiner Lebensversicherung zu benennen. Auch hätten Homosexuelle keinRecht auf das Erbe ihres Partners. Zudem gebe der Staat bisher keinGeld für die Vorbeugung gegen Aids aus, beklagt Otsuji. «Wirverstehen das als Ausdruck von Aversion gegen Homosexualität imGesundheitsministerium», klagt die Politikerin. Als Abgeordnete inOsaka setzte sie sich mit ihrer Mutter für Angehörige Homosexuellerein. «Familienmitglieder haben da unter Tränen erzählt, wie ihreErwartungen an ihre eigenen Kinder enttäuscht worden seien, dass sieaber bisher nirgendwo sonst darüber reden konnten», schildert Otsuji.

Während es zwar unter männlichen TV-Stars bekennende Schwule gebe,seien Lesben in der Öffentlichkeit bisher gar nicht präsent, sagt diePolitikerin. Männer würden bei Lesben allenfalls an Porno-Filmedenken. Mit ihrer Kandidatur für die Oberhauswahl will die Japanerindenn auch vor allem erreichen, dass ihre Landsleute überhaupt ersteinmal wahrnehmen, dass es Menschen mit gleichgeschlechtlichenBeziehungen gibt. «Wenn ich gewählt werde, würde die Zeit enden, inder man Homosexualität ignoriert hat», sagt Otsuji. Sollte sieallerdings scheitern, sei es ungewiss, wann es wieder einenParteikandidaten gebe, der für die Rechte von Homosexuellen kämpft.