Hunderttausende im Gazastreifen ohne Strom
Gaza/Tel Aviv/dpa. - Große Erleichterung im Gazastreifen: Nach internationalen Protesten gegen die Stromabschaltung von rund 800 000 Palästinensern hat Israel eine einmalige Lieferung von Dieselkraftstoff genehmigt.
Mit dem Treibstoff soll das am Sonntagabend abgeschaltete Kraftwerk in Gaza so schnell wie möglich wieder ans Netz gehen. Israel werde auch eine Einmallieferung von Medikamenten in den Gazastreifen gestatten, sagte der Sprecher von Verteidigungsminister Schlomo Dror am Montag in Jerusalem. Nach den Worten von Regierungschef Ehud Olmert soll die seit Freitag währende Blockade des Gazastreifens aber erst aufgehoben werden, wenn militante Palästinenser den Beschuss Israels einstellen.
Israel hatte am Freitag wegen der fortwährenden Raketenangriffe alle Grenzübergänge zum Gazastreifen geschlossen. Wegen ausbleibender Treibstofflieferungen musste nach palästinensischen Angaben am Sonntagabend das einzige Kraftwerk in Gaza abgeschaltet werden. Dieses Kraftwerk lieferte bislang ein Drittel des gesamten Energiebedarfs im Gazastreifen.
Der amtierende palästinensische Ministerpräsident Salam Fajad hat das Vorgehen der Israelis in dem von der radikalislamischen Hamas beherrschten Gaza-Streifen scharf kritisiert. Die israelischen Militäroperationen und die Schließung sämtlicher Grenzübergänge bezeichnete Fajad in einem Gespräch mit der «Süddeutschen Zeitung» als «definitiv unverhältnismäßig» und als «Katastrophe». Israel dürfe «die Angst vor Raketen nicht mit massiven blutigen Militäreinsätzen und der kompletten Abriegelung des Gazas-Streifens gleichstellen».
EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner sprach von einer kollektiven Bestrafung der rund 1,5 Millionen Palästinenser. Die EU-Kommissarin wie auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderten zugleich die Palästinenser auf, den Beschuss Israels sofort einzustellen.
Nach der Stromabschaltung wiesen sich Israel und die Palästinenser gegenseitig die Schuld zu. Der Bürochef von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, Rafik Husseini, warf Israel vor, gezielt die Friedensverhandlungen zu Fall bringen zu wollen. Israel wolle diese Gespräche nicht selbst absagen, sondern die Palästinenser dazu bringen. Husseini schloss zugleich einen Rücktritt von Abbas aus. «Der Präsident prüft seine Optionen, aber ein Rücktritt gehört nicht dazu», sagte er.
Israels Außenministerin Zipi Liwni wies die Vorwürfe zurück. Zu Beginn der Verhandlungen sei von Anfang an klar gewesen, dass der Wunsch nach einem Frieden Hand in Hand gehe mit dem Kampf gegen den Terrorismus, um Sicherheit für Israels Bürger zu schaffen. Die Palästinenser müssten verstehen, dass man politisch nicht vom Terror profitieren könne.
Nach Darstellung der radikal-islamischen Palästinenserorganisation Hamas sollen seit der Abriegelung bereits fünf Krankenhauspatienten gestorben sein. Abwasser flutete am Montag in Gaza Straßen. Nach Angaben der britischen Hilfsorganisation Oxfam International drohte an diesem Dienstag der Ausfall der letzten von 122 Wasserpumpen. Es bestehe dann eine akute Gefährdung der öffentlichen Gesundheit.
Bei einem Feuergefecht mit israelischen Soldaten wurde am Montag in der Stadt Tulkarem im nördlichen Westjordanland ein militanter Palästinenser getötet.