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Hochschule Hochschule: Universität Jena platzt aus allen Nähten

Von Christian Wiesel 15.04.2005, 06:20
Hörsaal (Foto: dpa)
Hörsaal (Foto: dpa) dpa

Jena/dpa. - Mit 4500 Studenten verspürt auch die Fachhochschule einungebrochenes Interesse. Durch die beiden Hochschulen boomt esin der Stadt: Kneipen, Buchläden, Geschäfte profitieren. Rund 14Prozent der Einwohner sind zwischen 18 und 25 Jahren alt, dasStadtbild zeigt sich so jung wie kaum anderswo in Thüringen. «In denSemesterferien wirkt die Innenstadt hingegen wie leergefegt», sagtder 21 Jahre alte Student der Politikwissenschaft, Markus Meß.

«Das ist auf jeden Fall ein Wirtschaftsfaktor. Für Vermieter istder Jenaer Wohnungsmarkt der beste in den neuen Ländern», sagtImmobilienmakler Andreas Petzwinkler. Während andere ostdeutscheStädte mit Wohnungsüberschuss kämpfen, gebe es Leerstände in JenasInnenstadt quasi kaum. Weil Mieteigentum schwer zu finden sei,kauften wohlhabende Eltern ihren studierenden KindernEigentumswohnungen.

In der Universität häufen sich die Probleme, die Studentenabzufertigen: «Das Problem sind nicht die vielen Studenten, dasProblem ist die mangelnde Finanzausstattung», meint MikeNiederstraßer vom Studentenrat. Laut Pressesprecher Burchardt stiegendie Landesmittel für die Universität ohne Klinik seit 1996 zwar umzehn Prozent auf 116 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Imgleichen Zeitraum stieg die Studentenzahl aber auch um 60 Prozent.

Die Universität ist in der Bredouille: Dozenten erhalten oft halbeStellen, die auf ein halbes Jahr befristet sind. Im FachIslamwissenschaft etwa fiel kurzerhand eine Prüfung aus, dieVerwaltung versäumte, den Arbeitsvertrag für einen Lektor zuverlängern. Eine Gefährdung der Lehre sieht die Verwaltung derUniversität jedoch nicht.

«Die empfundene Lehrqualität hängt damit zusammen, wie dieBetreuung ist. Durch die chronische Unterfinanzierung ist die Lageangespannt», sagt Niederstraßer. Weil Studenten wegen voll belegterSeminare auf das nächste Semester vertröstet werden, verlängert sichdie Studiendauer. Dennoch landet die Universität im Hochschulen-Vergleich immer wieder auf vorderen Plätzen, beim vergangenen«Spiegel»-Ranking belegte sie den dritten Rang im Osten. Der großeRun konzentriert sich auf Fächer wie Jura, Betriebswirtschaft,Politikwissenschaft und Geschichte.

«Die beiden Hochschulen haben zur positiven Entwicklung der Stadtbeigetragen», ist Jenas Oberbürgermeister Peter Röhlinger (FDP)überzeugt. Zwischen Forschung und Wirtschaft habe sich ein engesNetzwerk gebildet. Einer Studie von Prognos AG und dem Handelsblattzufolge hat keine ostdeutsche Region so gute Zukunftschancen wieJena. Allein die Universität beschäftigte Ende 2003 knapp 2200Menschen, ihre Klinik sichert 4000 Arbeitsplätze.

Die Stadtverwaltung setzt auf die Studenten, um die Einwohnerzahlüber 100 000 zu halten und so den Großstadtstatus zu wahren. MitWerbekampagnen werden Erstsemester zur Hauptwohnsitznahme überzeugt.Nur das sichert der Stadt jährliche Schlüsselzuweisungen in Höhe vonetwa 500 Euro pro Person. Für seine Hauptwohnsitze erhielt Jena 2003rund 46,2 Millionen Euro vom Land: Das macht den Löwenanteil derstädtischen Einnahmen aus.