Hintergrund Hintergrund: Die Eckpunkte der Reformen zum Umbau des Arbeitsmarktes
Mit einem Totalumbau der Arbeitsmarktpolitik will die Bundesregierung den Abbau der Arbeitslosigkeit schaffen. Die Reformgesetze zu Änderungen im Arbeits- und Leistungsrecht, zur Reform der Bundesanstalt für Arbeit und zur Fusion von Arbeitslosen- und Sozialhilfe beschäftigen an diesem Freitag Bundesrat und Bundestag, allerdings in unterschiedlichen Gesetzgebungs-Stadien: Der Entwurf zu Reformen am Arbeitsmarkt steht zur Verabschiedung im Bundestag an, die Gesetzentwürfe zu Hartz III und IV zum ersten Durchgang in der Länderkammer.
dpa dokumentiert die Eckpunkte:
- ARBEITSLOSENGELD: Die Bezugsdauer wird für unter 55-Jährige auf zwölf Monate verkürzt. Wer älter ist, erhält Arbeitslosengeld für maximal 18 (bisher: 32) Monate. Damit soll dem Trend zur Frühverrentung ein Riegel vorgeschoben werden. Eine Übergangsfrist gilt bis Ende 2005. Verschärft wird die Rückerstattungspflicht für Arbeitgeber: Wenn sie einen langjährigen Mitarbeiter kündigen, müssen sie das Arbeitslosengeld für diesen bereits vom vollendeten 57. Lebensjahr an erstatten, ein Jahr früher als bisher. Die Regelung, die an diesem Freitag zur Verabschiedung ansteht, bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrats.
- KÜNDIGUNGSSCHUTZ: Kleinbetriebe mit bis zu fünf Beschäftigten sollen bis zu fünf Arbeitnehmer befristet einstellen können, ohne dass der Betrieb unter die Regelungen des Kündigungsschutzes fällt. Damit soll nach dem Willen der Regierung ein Einstellungshindernis beseitigt werden. Für Entlassungen gelten künftig veränderte Regeln der Sozialauswahl: Sie sollen sicherstellen, dass «Leistungsträger», die erst kurz im Betrieb sind, nicht entlassen werden müssen. Bei Kündigungen hat der Arbeitnehmer die Wahl, ob er klagen will oder darauf gegen eine Abfindung verzichtet. Als Teil des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt ist auch diese Regelung im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig.
- BEREITSCHAFTSDIENSTE: In das Gesetz mitaufgenommen wurde eine Änderung des Arbeitszeitgesetzes, mit der das Urteil des Europäischen Gerichtshofes zu Bereitschaftsdiensten in deutschen Krankenhäusern umgesetzt wird. Danach dürfen Beschäftigte unter Anrechnung von Bereitschaftsdiensten im Jahresdurchschnitt maximal 48 Stunden pro Woche arbeiten. Tarifvereinbarungen über tägliche Arbeitszeiten von mehr als zehn Stunden sind möglich, wenn sie «regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst» umfassen.
- HARTZ III: Mit diesem Gesetz soll die Bundesanstalt für Arbeit zum modernen Dienstleister werden. Sie soll sich mit neuen Strukturen auf ihre Hauptaufgabe konzentrieren können: die effektive und schnelle Vermittlung von Job-Suchenden. Symbolischer Ausdruck für die Neuausrichtung soll ein neuer Name sein: Bundesagentur für Arbeit.
- HARTZ IV: Die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II für alle erwerbsfähigen Arbeitslosen soll das Nebeneinander von zwei bislang völlig getrennten Systemen beenden und für Betreuung aller Langzeitarbeitslosen «aus einer Hand» sorgen. Das neue Arbeitslosengeld II liegt auf dem Niveau der Sozialhilfe, doch ist für Bezieher der bisherigen Arbeitslosenhilfe eine Zwei-Stufen- Regelung zur Milderung der finanziellen Einschnitte vorgesehen. Auf Grund verschärfter Zumutbarkeitsregelungen müssen Langzeitarbeitslose auch Mini-Jobs annehmen, sonst drohen Leistungskürzungen. Die Fusion von Arbeitslosen- und Sozialhilfe ist der wichtigste, zugleich aber der umstrittenste Punkt des gesamten Reformpakets. Zankapfel sind Finanz- und Zuständigkeitsfragen zwischen Bund und Kommunen. Die Regierung ist auf die Zustimmung der unionsdominierten Mehrheit im Bundesrat angewiesen, die ein eigenes Konzept vom «Fördern und Fordern» favorisiert. Ein Vermittlungsverfahren ist vorgezeichnet.