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Grüne und Linke dagegen Grüne und Linke dagegen: Union und SPD wollen Familiennachzug weiter aussetzen

Von Markus Decker 19.01.2018, 12:08
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (l, CDU)
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (l, CDU) dpa

Berlin - Union und SPD im Bundestag werden die Aussetzung des Familiennachzugs für so genannte subsidiär Schutzbedürftige – das sind in erster Linie syrische Flüchtlinge – voraussichtlich zunächst bis zum 31. Juli 2018 verlängern. Bis dahin wollen sie eine Regelung schaffen, die die Einreise von bis zu 1000 Familienangehörigen pro Monat ermöglicht, wie es der Sondierungskompromiss vorsieht. Das ergibt sich aus der Parlamentsdebatte am Freitag, während der die SPD einem entsprechenden Antrag von CDU und CSU im Prinzip beipflichtete.

Dieser Antrag wird nun im Hauptausschuss beraten, bevor das Plenum des Bundestages nach einer weiteren Debatte darüber abstimmt. Keine Chance auf Zustimmung hat ein Antrag der FDP-Bundestagsfraktion, die die Aussetzung des Familiennachzugs um zwei Jahre verlängern möchte, um unterdessen bei einer nicht genannten Zahl von Härtefällen Ausnahmen zuzulassen.

Integration „nur begrenzt leistbar“

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) räumte ein, dass eine Aussetzung des Familiennachzugs für Betroffene zuweilen hart sei und es Kriminalität vorbeugen helfe, wenn Familien beieinander seien. „Es gibt keine einfachen Antworten“, räumte er ein. Zentral sei aber, dass die Integration von Flüchtlingen gelingen müsse. Und Integration sei „nur begrenzt leistbar“. Wer Angehörige nachhole, verfestige im Übrigen seinen Aufenthalt, so de Maizière weiter. Doch das Asylrecht sei ein Recht auf Zeit. Internationalen Verpflichtungen, den Familiennachzug zu gewährleisten, gebe es nicht. Der CDU-Innenexperte Stephan Harbarth warnte davor, dass weiterer Familiennachzug die Asymmetrien in Europa vergrößern würde; die meisten Mitglieder der Europäischen Union nehmen gar keine Flüchtlinge auf.

Demgegenüber erklärte die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Eva Högl, der Schutz der Familie sei ein international verankertes Grund- und Menschenrecht. Ohne Familien könnten Flüchtlinge in Deutschland einsam, unglücklich und kriminell werden. Überdies blieben gerade Syrer oft lange in Deutschland, manche ein Leben lang. Die SPD wolle den Gesetzentwurf der Union aber mittragen, fügte Högl hinzu, wenn dort das Enddatum 31. Juli für die Übergangsregelung eindeutig festgelegt werde. Außerdem müsse sichergestellt sein, dass Anträge zum Familiennachzug bereits wieder unmittelbar nach Auslaufen der jetzigen Regelung am 18. März gestellt werden könnten. Diese Forderung hat damit zu tun, dass deren Bearbeitung ohnehin sehr lange dauert.

Katrin Göring-Eckardt: „Wo bleibt Ihr Mitgefühl?“

Die Innenexpertin der Linken, Ulla Jelpke, plädierte hingegen dafür, den Familiennachzug wieder uneingeschränkt zuzulassen. Alles andere „spaltet unsere Gesellschaft und macht jede Integration kaputt. Das geht gar nicht.“ Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt kritisierte: „Aus Menschenrecht wird Gnadenrecht.“ Sie fuhr fort: „Man muss nicht Papst Franziskus heißen, um zu fragen: Wo bleibt Ihr Mitgefühl?“ Martin Sichert (AfD) beklagte: „Sie haben das Asylrecht pervertiert zu einem System der Masseneinwanderung.“

Die Bundesregierung befürchtet, dass Deutschland durch neue Asylbestimmungen in Europa deutlich mehr Flüchtlinge aufgebürdet werden könnten. Hintergrund sind Änderungen, die das Europäische Parlament an Gesetzesinitiativen der Kommission zur Reform der Dublin-Regeln vornehmen will. Danach soll nicht mehr automatisch das Land, in dem ein Flüchtling die EU erreicht, für dessen Asylverfahren zuständig sein, sondern unter Umständen das Land, in dem Angehörige des Bewerbers bereits leben. Dadurch „müsste Deutschland erheblich mehr Asylsuchende aufnehmen", heißt es in einem Vermerk des Bundesinnenministeriums. Obergrenzen würden „zunichtegemacht“.

Besondere Sorge bereitet Unions-Innenexperten, dass nach den Parlamentsvorschlägen „faktisch die bloße Behauptung einer Familienverbindung ausreichen" soll: „Im Ergebnis würde ein Mitgliedstaat, in dem sich bereits zahlreiche ,Ankerpersonen' befinden, für weitreichende Familienverbände zuständig." Deutschland setzt nun darauf, dass der Europäische Rat, also die Staats- und Regierungschefs, die Vorschläge des Parlaments verhindert.