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Gewerkschaften Gewerkschaften: Heinz Kluncker wird 80

Von Werner Scheib 15.02.2005, 09:31
Heinz Kluncker, ehemaliger Vorsitzende der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (Archivfoto vom 1998). Am kommenden Sonntag (20.02.2005) wird der in Stuttgart lebende Kluncker 80 Jahre alt. (Foto: dpa)
Heinz Kluncker, ehemaliger Vorsitzende der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (Archivfoto vom 1998). Am kommenden Sonntag (20.02.2005) wird der in Stuttgart lebende Kluncker 80 Jahre alt. (Foto: dpa) dpa

Stuttgart/dpa. - Kluncker wusste, dass der SPD-Kanzler Willy Brandt und seinesozialliberale Regierung sich auf eine Lohnleitlinie von unter zehnProzent festgelegt hatten. Doch mit seinen Männern von der Müllabfuhrsetzte «der Dicke» elf Prozent durch. Der unpopuläre Streik sollnicht unwesentlich zum Rücktritt Brandts beigetragen haben. Klunckerhat dieser Vorwurf tief getroffen, aber sich selbst dazu niegeäußert. «So mächtig waren wir nicht, der Kanzler wurde durch denSpion Günter Guillaume gestürzt», rechtfertigte sich die ÖTV damals.

Der Handwerkersohn aus Wuppertal setzte in seiner 18-jährigenAmtszeit als ÖTV-Chef von 1964 bis 1982 in harten Tarifkämpfenwegweisende und Milliarden schwere Abschlüsse durch. Dabei seien nurerwähnt die 40- Stunden-Woche im Jahr 1972 oder das 13. Monatsgehalt1973. Stets hatte er es mit drei sehr unterschiedlich agierendenKontrahenten zu tun, nämlich Bund, Ländern und Gemeinden. In den 70erJahren lief bei den Verhandlungen für die 2,3 Millionen Staatsdienervieles anders als heute. Die wichtigste Rolle spielten die Gemeinden,die auch heute noch bei jedem Abschluss die finanzielle Hauptlasttragen müssen.

Die Gemeinden suchte sich Kluncker stets als «Druckmittel» aus.Hier spürte der Bürger als erstes die Macht der ÖTV. Für Insider istdeshalb nicht zu verstehen, dass sich die Kommunalen Arbeitgeber vonden jeweiligen Bundesinnenministern das Verhandlungskonzept aus derHand nehmen ließen. Klunckers Verhandlungsstil ist Legende. KeineSitzung, die nicht weit bis nach Mitternacht dauerte. Dass dertrinkfeste Gewerkschaftsboss auch nach den «Nachtsitzungen» in derKantine unter dem Stuttgarter Fernsehturm die Oberhand behielt,darüber gab es nie Zweifel.

Dann kam am 2. Juni 1982 überraschend sein Rücktritt. Die Ärztehatten dem damals 270 Pfund schweren Kluncker dringend geratenzurückzutreten. Kreislaufbeschwerden machten ein Weiterarbeitenunmöglich. Seine Nachfolgerin wurde Monika Wulf-Mathies. Kluncker hatbis heute sein Versprechen gehalten, sich nicht zur Tarifpolitik derÖTV zu äußern. Selbst besten Freunden gegenüber schwieg er eisern.Als Vorsitzender der «Internationale der Öffentlichen Dienste»kämpfte er gegen Menschenrechtsverletzungen. Kluncker war auch dererste deutsche Gewerkschaftsführer, der schon 1965 Kontakte mit demOstblock aufnahm.

Heute lebt Kluncker zurückgezogen in Stuttgart. Es geht ihmgesundheitlich nicht bestens. Aber im Kopf ist er hellwach. Esinteressiert ihn immer noch, was im Gewerkschaftslager passiert, auchwas gerade in Berlin als Reformtarifwerk zwischen dem Bund und derÖTV- Nachfolgerin ver.di abgeschlossen wurde. Doch einen Kommentardazu gibt es von ihm nicht. Kluncker schweigt weiter zurTarifpolitik.