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Gesetzeslücke Gesetzeslücke: Rauchrebellen wollen Tabaksteuer austricksen

12.12.2007, 07:50
Der Vorsitzende des Vereins «Deutsche Hecke», Norman Fuhrmann (l), Pressesprecher Georg-Ove Daniel und der 2. Vorsitzende Peter Burmeister rauchen im Vereinslokal in Tönning (Kreis Nordfriesland), vor ihnen steht eine Dummy-Packung der geplanten Privat-Zigarettenmarke «Deutsche Hecke». (Foto: dpa)
Der Vorsitzende des Vereins «Deutsche Hecke», Norman Fuhrmann (l), Pressesprecher Georg-Ove Daniel und der 2. Vorsitzende Peter Burmeister rauchen im Vereinslokal in Tönning (Kreis Nordfriesland), vor ihnen steht eine Dummy-Packung der geplanten Privat-Zigarettenmarke «Deutsche Hecke». (Foto: dpa) dpa

Tönning/Köln/dpa. - Sie wollen von Schleswig-Holstein aus eineRebellion starten und keine Tabaksteuer mehr zahlen. «Wir bauenunseren Tabak selber an und werden eigene Zigaretten produzieren»,sagt Fuhrmann. Der 47-Jährige ist Vorsitzender der «Deutschen Hecke».Der Verein mit dem etwas seltsamen Namen ist die erste Tabakanbau-Organisation in Deutschland. Mit diesem Modell sollen FinanzministerPeer Steinbrück (SPD) und die Tabaksteuer ausgetrickst werden.

Die Rauchrebellen wollen das Qualmen in Deutschland durch dasAusnutzen von Gesetzeslücken revolutionieren - und haben nun jedeMenge Ärger mit Zoll und Staatsanwaltschaft. Der Knackpunkt istParagraf 6, Absatz 2 des Tabaksteuergesetzes. Dort heißt es:Tabakwaren, die aus selbst angebautem Rohtabak hergestellt und fürden eigenen Bedarf verwendet werden, sind steuerfrei. «Wenn unserBeispiel Schule macht, könnte ein Teil der 14,4 Milliarden EuroTabaksteuer wegfallen», sagt Fuhrmann.

Und so soll der Eigenbedarf-Trick funktionieren: Jedes der 400Mitglieder bekommt 99 Tabakpflanzen auf der Plantage des Vereins aufden zu Portugal gehörenden Azoren. Auf der Atlantikinsel lebendedeutsche Auswanderer verarbeiten den Tabak zur Privat-Marke «DeutscheHecke». Vom nächsten Monat an wollen sie Stangen zum Preis von 16Euro an jedes Mitglied schicken. Gewerblicher Handel ist untersagt,nur der Eigenbedarf darf gedeckt werden. «Unser Vorgehen istvollkommen legal», sagt Fuhrmann.

Das sieht die für die Tabaksteuer zuständige Oberfinanzdirektionin Köln ganz anders: «Das ist schlichtweg nicht in Ordnung. Nur wennjedes Mitglied Anbau und Fermentierung selbst durchführt, könnte mannoch von Eigenbedarf sprechen», sagt Konstantin Chlorokostas. Mit demFinanzministerium sei das Problem noch nicht erörtert worden. «Einensolchen Fall hatten wir noch nicht, dass im Rahmen eines Vereins einangeblicher Eigenbedarf organisiert werden soll.»

Sobald Geld gezahlt werde, liege gewerblicher Handel vor, «und derschließt eine Steuerbefreiung aus», sagt der Finanzexperte. Bei einemVersand von Zigaretten aus dem Ausland werde auf jeden Fall eineSteuerabgabe fällig. Versuche, der Steuer auf dieser Weise einSchnippchen zu schlagen, nehmen zu: Allein 2006 hat der deutsche Zoll415 Millionen illegal eingeführte Zigaretten sichergestellt.

Die Raucher von der Nordsee wollen die ihrer Meinung nach unklareRechtslage im Notfall per Musterklage klären lassen. Zunächst hattenes Fuhrmann und Co. mit Tabakanbau in Nordfriesland versucht, dochdie Fermentierung ging hoffnungslos schief. «Die Zigaretten sind wieWunderkerzen abgefackelt», sagt Fuhrmann. Auf den Azoren sei dasKlima besser und das Wissen örtlicher Experten könne genutzt werden.

Bis die ersten Stangen mit je 200 Zigaretten eintreffen, wolltenFuhrmann & Co. das Rauchen für die Mitglieder durch den Versand vonZigaretten aus EU-Ländern, die weniger Tabaksteuer erheben, billigermachen. Polizei und Staatsanwaltschaft vermuteten illegalen Handel ingroßem Stil. Ein 35 Mann starkes Kommando stürmte vor kurzem dieWohnungen von Fuhrmann und des zweiten Vorsitzenden Peter Burmeister.Steuerbetrug und Steuerhehlerei lautet der Vorwurf. «Die Behördenwollen uns einschüchtern, weil sie Angst haben, dass wir imRecht sind», sagt Burmeister.

Falls die Option mit den Azoren scheitert, will der Vereinheimische Flächen pachten und für die Verarbeitung des Tabaks mitProfis kooperieren. «Jetzt erst Recht», gibt Fuhrmann als Devise aus.Dass der blaue Dunst gesundheitsgefährdend ist, fechten sie nicht an.«Aber Rauchen ist für mich eine persönliche Freiheit, die mir nichtdurch die hohe Steuer und die Rauchergesetze genommen werden darf.»Bei einer Packung zum Preis von vier Euro entfallen laut der KölnerOberfinanzdirektion drei Euro auf Steuern.

Mit dem Namen «Deutsche Hecke» will der Verein eine Brücke zurNachkriegszeit schlagen: Zigaretten waren wichtige «Devisen» imTausch gegen Lebensmittel mit den Alliierten. Der Tabak aus privatenGärten firmierte im Volksmund als «Deutsche Hecke». Heute seien dieZeiten wieder schlecht - besonders für Raucher, meint Fuhrmann. «EinHartz-IV-Empfänger kann sich doch kaum noch Zigaretten leisten.»