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Geschichte Geschichte: Mord an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht

08.01.2009, 07:15
Die Rosa-Luxemburg-Gedenkstätte am Landwehrkanal in Berlin (FOTO: DPA)
Die Rosa-Luxemburg-Gedenkstätte am Landwehrkanal in Berlin (FOTO: DPA) dpa

Berlin/dpa. - Heute erinnert eineGedenktafel an den Tod von Rosa Luxemburg vor 90 Jahren. In derMordnacht in den Berliner Revolutionswirren nach dem Ersten Weltkriegwurde sie zusammen mit Karl Liebknecht erschossen. BeideSozialistenführer gehörten zu den Gründern der KPD.

In der Nacht zum 6. Januar 1919 hatte ein kommunistischerRevolutionsausschuss unter Führung von Liebknecht die Regierung desSozialdemokraten Friedrich Ebert für abgesetzt erklärt. Wenige Tagevor der Wahl zur Nationalversammlung am 19. Januar eskalierten in derReichshauptstadt Massendemonstrationen zum offenen Bürgerkrieg.

Bis zum 12. Januar schlugen Regierungstruppen den sogenanntenSpartakusaufstand in Berlin nieder, der zahlreiche Tote und Verletzteforderte. Der SPD-Politiker und spätere Reichswehrminister GustavNoske war als Oberbefehlshaber von dem Generalstabsoffizier WaldemarPabst gedrängt worden, den Schießbefehl zu unterzeichnen. «Einer mussder Bluthund werden», soll Noske gesagt haben.

Nach der Niederschlagung des Aufstandes tauchten Liebknecht undLuxemburg unter. Am 15. Januar 1919 wurden sie in einer Wohnung imBezirk Wilmersdorf gefangengenommen. Man brachte sie in dasStabsquartier der Garde-Kavallerie-Schützen-Division im damaligenEden-Hotel nahe der Gedächtniskirche. Einen Haftbefehl gab es nicht.

Pabsts führende Rolle bei dem folgenden Mord wird in einer neuerschienenen Untersuchung (Klaus Gietinger: «Der Konterrevolutionär»,Edition Nautilus) beleuchtet. In seinen unveröffentlichten Memoirenschrieb der Offizier demnach: «Dass sie (die Exekution) durchgeführtwerden musste, darüber bestand bei mir und Noske nicht der geringsteZweifel.» Ohne ausdrücklichen Befehl, aber mit Rückendeckung seinerVorgesetzten organisierte Pabst den Mord.

Am Abend wurde Liebknecht in einem Auto weggefahren, einFreikorps-Soldat schlug vorher noch mit dem Gewehrkolben auf ihn ein.Im Tiergarten wurde eine Panne vorgetäuscht. Offiziere und Soldatengingen mit Liebknecht in einem dunklen Parkweg weiter und erschossenihn schließlich von hinten. Danach wurde Luxemburg abgeführt. BeimVerlassen des Hotels schlug derselbe Soldat wie bei Liebknecht siemit dem Kolben zusammen. Die schwer Blutende wurde ins Auto gezerrt,unterwegs erschossen und in den Kanal geworfen.

Im offiziellen Bericht der Schützen-Division heißt es am nächstenTag, Liebknecht sei bei einem Fluchtversuch erschossen und Luxemburgvon einer Volksmenge vor dem Eden-Hotel entführt undgelyncht worden. Das SPD-Organ «Vorwärts» schrieb, beide seien «Opferihrer eigenen blutigen Terrortaktik geworden (...) Die Niederwerfungdes Spartakusaufstandes bedeutet für unser Volk, ganz besonders auchfür die Arbeiterklasse, einen Akt der Rettung, den zu vollbringen wirvor der Geschichte verpflichtet waren.» Die Angst vor einer«Bolschewisierung Deutschlands» war weit verbreitet.

Die Ermordung der beiden KPD-Führer sollte sich als einehistorisch folgenreiche Tat erweisen. So wird spekuliert, ob der Morddem moskauhörigen Flügel um Ernst Thälmann, Wilhelm Pieck und WalterUlbricht zu jenem Übergewicht in der KPD verholfen hat, das in derWeimarer Republik den gemeinsamen Widerstand von KPD und SPD gegenden heraufziehenden Nationalsozialismus verhinderte.

Luxemburg und Liebknecht wurden auf dem Friedhof Friedrichsfeldebegraben, absichtlich «weit vor den Toren der Stadt», um die Gräbernicht zum Ziel von Kundgebungen werden zu lassen. Das von Mies vander Rohe dort errichtete Revolutionsdenkmal wurde später von denNationalsozialisten zerstört, ebenso die beiden Särge.

In der DDR ließ die SED die Gedenkstätte 1951 neu herrichten.Alljährlich im Januar zogen beim traditionellen GedenkmarschHunderttausende mit den führenden SED-Politikern an der Spitze zu derPilgerstätte. 1988 kam es beim Aufzug zu Kundgebungen der Opposition.Viele Demonstranten, die sich mit Transparenten auf Meinungsfreiheitund Rosa Luxemburg beriefen, wurden verhaftet. Doch die westlichenFernsehbilder stärkten die Oppositionsbewegung. Knapp zwei Jahrespäter fiel die Mauer.