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Geert Wilders bei Pegida-Kundgebung Geert Wilders bei Pegida-Kundgebung: Ein Hassprediger auf Deutschland-Tour

Von Steven Geyer 10.04.2015, 14:09

Berlin - Als Coup können es die Pegida-Organisatoren schon jetzt feiern, dass sie den wohl bekanntesten Islamhasser Europas als Gastredner nach Dresden holen. Denn der Auftritt von Geert Wilders, Chef der niederländischen „Partei für die Freiheit“ (PVV), dürfte der zuletzt abklingenden Bewegung wieder reichlich Zulauf bescheren. Pegida selbst kündigt für die 23. Kundgebung am Montag gar 30.000 Teilnehmer aus ganz Deutschland an.

Es wäre die Wende für die vielbeachtete Bewegung, die zuletzt nur noch drei- bis siebentausend der einst 17.000 Demonstranten anzog. Zugleich zeigt sich, dass sie ihre Ambitionen längst nicht aufgibt: mit bürgerlichem Image wollen sie an Dresdens Bürgermeisterwahl teilnehmen, mit Wilders’ Hilfe mit erfolgreichen Rechtspopulisten aus ganz Europa verbünden.

Anklage wegen Volksverhetzung

Wilders könnte ein Türöffner dafür sein, denn der 51-Jährige ist in der Szene ein Popstar. Daheim baute er seine islam-, Europa- und fremdenfeindliche PVV, die er 2006 gründete, zur drittstärksten Kraft aus. Durch Europa tourt er als eloquenter „Islamkritiker“, der dank seines galanten Auftretens nicht sofort in die dumpfe Extremisten-Ecke gestellt wird.

Außer er tut es selbst: So rief er im Dezember bei einer Wahlparty, die im Fernsehen übertragen wurde, seinen Anhängern zu: „Wollt ihr in dieser Stadt und in den Niederlanden mehr oder weniger Marokkaner?“ Und als die Menge „Weniger! Weniger!“ skandierte, antwortete er:  „Dann werden wir das regeln!“ Zeitungen schrieben von einer „Atmosphäre der Deportation“, der Staatsanwalt klagte ihn wegen Volksverhetzung an. Seinen Ruhm in den Kreisen, die die Welt sehen wie er, hat das nur vergrößert.

Bei Pegida versammelten sich diese Kreise seit jeher: Schon im Dezember luden die Organisatoren um Pegida-Chef Lutz Bachmann den Redner „Ed der Holländer“ ein, der für seine Lobreden auf Wilders umjubelt wurde. Ende Januar verlas er in Dresden einen Gruß Wilders‘: „Ihr seid Teil von etwas ganz Großem!“

„Politically Incorrect“ als Zentrale des Islamhasses

Dahinter steckt mehr als die bürgerlichen unter den Demonstranten wohl dachten. Denn Wilders Auftritt zeigt, dass das „Orga-Team“ von Pegida entgegen all seiner verbalen Bekundungen keineswegs ein Club „besorgter Bürger“ ist, der nur Demokratie und Sicherheit gegen „den“ Islam verteidigt. Die Frage, woher ein ehemaliger Bratwurstverkäufer wie Bachmann über Kontakte zu einem ausländischen Spitzenpolitiker verfügt, führt nämlich schnell zur Zentrale des Islamhasses: „Politically Incorrect“, kurz PI.

Das Webblog ist seit Jahren die wichtigste Plattform, Infobörse und Vernetzungsstelle deutscher Muslimfeinde. Das Gesicht von PI ist der der frühere TV-Journalist und Ex-CSU-Kommunalpolitiker Michael Stürzenberger, der daheim inzwischen zur Lokalprominenz avancierte: durch lautstarke Verteufelungen des Islam in der Innenstadt, wo er Unterschriften gegen einen Moscheebau sammelte und Wahlkampf um einen Stadtratsitz betrieb. Beides vergeblich. Die Grenzen des Legalen erreicht er dabei so oft, dass er regelmäßig vor Gericht steht.

Zu Geert Wilders nahmen die PI-Macher schon zu Beginn von dessen Karriere Tuchfühlung auf. Stürzenberger interviewte ihn bereits, als er selbst in Holland kaum bekannt war. Später holte PI Wilders nach Berlin: als Redner wie als Pate für die Gründung der eigenen Anti-Islam-Partei „Die Freiheit“. Stürzenberger ist heute deren Bundeschef, Wilders nennt er als Vorbild. Bayerns Verfassungsschutz beobachtet die Splitterpartei ebenso wie die Münchener PI-Ortsgruppe.

„Wir sind Lutz“

All das hielt Bachmann nicht davon ab, im März gemeinsam mit Stürzenberger als Redner aufzutreten: Bei der Kundgebung eines Pegida-Ablegers in Wuppertal ließ er sich frenetisch von ihm als „Gründer der Bewegung“ feiern, bis hin zum Sprechchor „Wir sind Lutz“, den Stürzenberger initiierte.

In Inhalt und Ton sind Pegida und PI ohnehin d’accord – wobei Bachmann & Co. den PI-Sound nur unter sich anschlagen. So beschimpfte er Asylbewerber auf Facebook noch im Herbst als „Viehzeug“, „Gelumpe“ und „Dreckspack“. Der Spiegel zitierte aus der geschlossenen Facebook-Gruppe, in der die Idee zu den Demos entstand: Während das Zehner-Team intern auch rassistische Parolen und Hitler-Zitate einsetzte, um Anhänger zu mobilisieren, nahm es sich vor, nach außen bürgerlich aufzutreten: Man solle es denen, die die Nazi-Keule schwingen, nicht so leicht machen, schrieb Bachmann, und sich darum „Patriotisch“ nennen und nicht „National“.

Intern pöbelten die Pegidas freilich weiter: So nannte Mit-Gründer Siegfried Däbritz, der als Security-Mann arbeitet und heute als Nummer 2 hinter Bachmann gilt, Muslime „mohammedanische Kamelwamser“ oder „Schluchtenscheißer“. Nicht nur Salafisten, sondern auch Kurden und überhaupt alle „Strömungen innerhalb der Mohammedaner“ wolle er aus Deutschland werfen.

Kein Wunder, dass gerade Däbritz die längsten Kontakte zu „Politically Incorrect“ unterhält – wird doch in den PI-Kommentarspalten in eben diesem Ton gehetzt. Däbritz war von PI so angetan, dass er spätestens 2008 begann, sich dort unter dem Pseudonym „No Fear“ auszubreiten. Das zeigen interne Dokumente, die dieser Zeitung vorliegen. Später diente er sich PI als „Spürnase“ an und sendete mehrfach Meldungen ein, derer sich PI annehmen möge – etwa zur „Migrantengewalt“ im Osten. Seitdem hat er es in Dresden zum Mann hinter einer kleinen Massenbewegung gebracht – und sicher zu einem persönlichen Bekannten der PI-Macher.