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Gedenkstätte Gedenkstätte: Mauer-Mahnmal am Checkpoint Charlie soll weichen

Von Nils-Viktor Sorge 27.06.2005, 07:23
Dunkle Holzkreuze, eines für jedes Opfer der innerdeutschen Grenze, stehen am Checkpoint Charlie in Berlin (Archivfoto vom 31.12.2004). (Foto: dpa)
Dunkle Holzkreuze, eines für jedes Opfer der innerdeutschen Grenze, stehen am Checkpoint Charlie in Berlin (Archivfoto vom 31.12.2004). (Foto: dpa) dpa

Berlin/dpa. - Gut möglich, dass Besucher wie Tran Thi und ihre Freunde baldanderswo inne halten müssen, um über die Toten an der Grenzenachzudenken - denn am 4. Juli soll das Mahnmal am Checkpoint Charliegeräumt werden. Der Gerichtsvollzieher habe sich für exakt 4.01 Uhrangekündigt, berichtete die Zeitung «Tagesspiegel» (Sonntag). Ersetzt damit ein Gerichtsurteil um, nach dem die Mahnmal-InitiatorinAlexandra Hildebrandt das Gelände einer Bank aus Nordrhein-Westfalenan der Friedrichstraße, Ecke Zimmerstraße, nicht mehr nutzen darf.

Hildebrandt und ihre Arbeitsgemeinschaft 13. August hatten dasMahnmal erst im Oktober 2004 errichtet und dafür die Grundstücke vonder Bank gepachtet. Nachdem der Pachtvertrag ausgelaufen war, wollteHildebrandt das Gelände nicht freiwillig räumen - weil sie sichgegenüber dem historischen Ort verantwortlich fühle. Vor Gerichtunterlag sie jedoch, die Bank erhielt den Räumungstitel.

Doch Alexandra Hildebrandt will jetzt kämpfen. «Der CheckpointCharlie ist ein weltbekannter Ort des Gedenkens - dorthin gehört einsolches Mahnmal. Auch, um den Westalliierten zu danken», sagt sie.Ihre letzte Hoffnung: Sie will die Grundstücke kaufen, um dasMahnmahl auf Dauer am Checkpoint zu erhalten. «So ein Mahnmal mussdort stehen, wo die Leute hinkommen, und es muss verständlich sein»,sagte Hildebrandt. Beide Bedingungen erfülle der gegenwärtigeStandort optimal.

Das sieht Konrad Weber ähnlich. Der Bayer aus Unterammergau kommtetwas in Rage, wenn er hört, dass die Kreuze weg sollen. «Man darfdie Geschichte nicht verheimlichen. Wenn die Kreuze bleiben, kannauch die nächste Generation etwas von dem Unrecht erfahren, das hierpassierte.» Die meisten Touristen, die bei sonnigem Wetter an denKreuzen stehen bleiben, finden das Mahnmal gut. «Es ist vielpersönlicher, als wenn in Berlin nur Mauerreste übrig wären», sagtShannon O'Neil (17) aus Massachusetts (USA).

Die vielen positiven Reaktionen der Besucher werden AlexandraHildebrandt jedoch vermutlich wenig helfen. Das Land Berlinunterstützt sie nicht; im offiziellen Mauer-Gedenkkonzept spielt einMauer-Mahnmal am Checkpoint Charlie in der jetzigen Form keine Rolle.Kritiker hatten mit Blick auf das Mahnmal von einer«unerträglichen Privatisierung des Gedenkens» gesprochen undspotteten, es handele sich um ein historisch unwahres Disneyland.