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Ex-Öl-Milliardär Ex-Öl-Milliardär: Chodorkowski verbringt Weihnachten mit Familie in Berlin

24.12.2013, 15:23
Michail Chodorkowski kommt ins «Mauermuseum am Checkpoint Charlie» in Berlin und bahnt sich den Weg durch die wartenden Journalisten.
Michail Chodorkowski kommt ins «Mauermuseum am Checkpoint Charlie» in Berlin und bahnt sich den Weg durch die wartenden Journalisten. dpa Lizenz

Berlin/Moskau/dpa - Erstmals seit zehn Jahren wird der aus dem Straflager entlassene Ex-Öl-Milliardär Michail Chodorkowski an Weihnachten wieder mit seiner ganzen Familie zusammenkommen. Seine Frau Inna und die drei Kinder der beiden würden noch am Heiligabend in Berlin erwartet, sagte ein Sprecher Chodorkowskis der Nachrichtenagentur dpa. Der Sohn aus erster Ehe, Pawel, ist bereits in der Hauptstadt. Chodorkowski war am vergangenen Freitag unmittelbar nach seiner Entlassung aus dem Straflager ausgereist.

Die Familie wolle in Berlin Weihnachten verbringen und das Neujahrsfest feiern, sagte der Sprecher. Im Januar werde Chodorkowski in die Schweiz reisen.

Familientreffen einmal pro Quartal

Außer dem 28-jährigen Pawel, der in New York lebt, hat Chodorkowski seine Kinder immer wieder gesehen. Seine 22-jährige Tochter Nastja hatte er zuletzt im September getroffen. Die Zwillinge Gleb und Ilja sind 14. Für Familientreffen - auch mit seiner Frau - wurde ihm einmal im Quartal für drei Tage ein Extra-Zimmer im Straflager zur Verfügung gestellt.

Wie es im neuen Jahr für den 50-jährigen Chodorkowski weitergehen wird, ist noch offen. Im Jahr 2015 könnte er auch ohne Bezahlung seiner Millionenschulden beim russischen Staat nach Moskau zurückkehren. Die Staatsduma bereite ein Gesetz vor, das künftig eine private Bankrotterklärung ermögliche, sagte der Parlamentsabgeordnete Sergej Gawrilow der Zeitung „Iswestija“ (Dienstag).

Erste Razzien in der Konzernzentrale von Yukos. Kurz zuvor war Chodorkowskis Geschäftspartner Platon Lebedew wegen Unterschlagung verhaftet worden. - 25. Oktober: Chodorkowski wird nach monatelangem Streit mit dem Kreml von Beamten des Geheimdienstes FSB in Nowosibirsk festgenommen.

Die Geschäftskonten von Yukos werden eingefroren. Die größte Yukos-Produktionstochter wird in der Folge Eigentum des staatlich kontrollierten Rosneft-Konzerns. - 16. Juni: Der Prozess gegen Chodorkowski und Lebedew wird eröffnet.

Chodorkowski und Lebedew werden zu neun Jahren Lagerhaft verurteilt. Die Strafe wird im Berufungsverfahren auf acht Jahre reduziert. „Ich weiß, dass über meine Verurteilung im Kreml entschieden wurde“, sagt Chodorkowski nach seiner Verurteilung.

Der Yukos-Konzern wird nach einer Steuernachforderung über 27 Milliarden Dollar aufgelöst.

Gegen Chodorkowski und Lebedew werden neue Vorwürfe der Geldwäsche und Unterschlagung erhoben.

Der neue russische Präsident Dmitri Medwedew verbittet sich bei seinem Antrittsbesuch in Berlin eine Einmischung Deutschlands in den Fall. - 22. August: Die russische Justiz lehnt eine vorzeitige Entlassung Chodorkowskis ab.

Beginn des zweiten Prozesses gegen Chodorkowski und Lebedew wegen Unterschlagung und illegalen Weiterverkaufs von 218 Millionen Tonnen Öl.

Das Strafmaß für Chodorkowski und Lebedew wird in einem Berufungsprozess um ein Jahr verringert. - 31. Mai: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stuft das Verfahren gegen Chodorkowski nicht als politisch motiviert ein. - 15. Dezember: Ministerpräsident Putin kündigt an, nach einem möglichen Erfolg bei der Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr ein Gnadengesuch Chodorkowskis zu prüfen, falls dieser seine Schuld einräumt. Der frühere Oligarch lehnt dies ab.

Der scheidende Staatschef Medwedew weist die Justiz an, die „Grundlage und die Rechtmäßigkeit“ des Urteils gegen Chodorkowski zu überprüfen. - 20. Dezember: Ein Moskauer Gericht verringert das Strafmaß für Chodorkowski und Lebedew von 13 auf 11 Jahre, beide sollen nun im Jahr 2014 entlassen werden.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bewertet den Prozess gegen Chodorkowski als „unfair“, sieht aber keine klaren Beweise für ein politisch motiviertes Verfahren. - 6. August: Russlands oberster Gerichtshof reduziert die Gefängnisstrafen für Chodorkowski und Lebedew um zwei Monate. - 6. Dezember: Die russischen Justizbehörden prüfen weitere Strafsachen gegen Chodorkowski. - 19. Dezember: Präsident Putin kündigt überraschend an, einem Gnadengesuch Chodorkowskis „sehr bald“ zuzustimmen. - 20. Dezember: Putin unterzeichnet den Gnadenakt, kurz darauf verlässt Chodorkowski das Gefangenenlager im Nordwesten Russlands.

Der von Präsident Wladimir Putin begnadigte frühere Kremlgegner hat nach offiziellen Angaben 17,5 Milliarden Rubel (388,9 Millionen Euro) Schulden beim russischen Staat. Die Summe geht zurück auf ein umstrittenes Strafverfahren von 2003 wegen Steuerbetrugs bei Chodorkowskis inzwischen zerschlagenem Ölkonzern Yukos.

Keine Unterstützung der russischen Opposition

Der einst reichste Mann Russlands hatte in seinem Exil in Berlin erklärt, dass ihn auch ein Rechtsstreit um diese Summe von einer Rückkehr nach Russland abhalte. Chodorkowski geht davon aus, dass Putin ihn begnadigt hat, weil er ausreiste. Außerdem erhebt Chodorkowski keine Forderungen auf Rückgabe seines früheren Eigentums. Und er verzichtet darauf, die russische Opposition zu unterstützen.

Den am Montag freigelassenen Aktivistinnen der kremlkritischen Punkband Pussy Riot gratulierte Chodorkowski. Besonders wichtig sei es, dass die Frauen nach der Haft keinen Hass und keine Wut in ihren Herzen behielten, schrieb er in einer am Dienstag veröffentlichten Botschaft. Die Freilassung politischer gefangener mache die Machthaber „zumindest ein wenig humaner“, so Chodorkowski.

Reguläre Freilassung im August 2014

Chodorkowski hatte mehr als zehn Jahre in Haft verbracht. Gegen ihn waren in insgesamt zwei umstrittenen Prozessen unter anderem noch Strafen wegen Geldwäsche und Öldiebstahls verhängt worden. Regulär wäre er im August 2014 aus dem Straflager entlassen worden.

Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt am Sonntag in Berlin hatte der einst berühmteste Gefangene des Landes auch erklärt, dass er vorerst nicht in seine Heimat zurückkehre. Er befürchte, dass er wegen möglicher formeller Gründe festgehalten werden könnte. Menschenrechtler hatten gehofft, dass sich Chodorkowski als „moralische Instanz“ beim Aufbau der Zivilgesellschaft in Russland beteiligen könnte