Europa-Gipfel Europa-Gipfel: Merkel will Handlungsfähigkeit der EU sichern
Berlin/dpa. - Zum 50. EU-Geburtstag nahm sieden Staats- und Regierungschefs das Versprechen ab, bis 2009 einenmodernen Vertrag über die Zusammenarbeit der 27 Länder zu schließen.«Ein Scheitern wäre ein historischen Versäumnis», sagte Merkel beider Unterzeichnung der «Berliner Erklärung», die den festen Willenzur Erneuerung formuliert. In Berlin feierten Tausende bei herrlichemFrühlingswetter ohne Zwischenfälle ein fröhliches Europafest.
Merkel dringt darauf, die neue rechtliche Grundlage der EU mitihren rund 490 Millionen Menschen bei einer Regierungskonferenz inder zweiten Jahreshälfte 2007 unter portugiesischerRatspräsidentschaft festzuschreiben.
Die Kanzlerin würdigte die Errungenschaften der vergangenen 50Jahre europäischer Einigung. Frieden, Freiheit, Demokratie undRechtsstaat seien aber keine Selbstverständigkeit: «Alles muss wiederaufs Neue gestärkt und verteidigt werden. Stillstand bedeutetRückschritt. Bei einer Spaltung kommt Europa schneller aus dem Trittals mancher glauben mag.»
Nach der Präsidentschaftwahl in Frankreich will Merkel ihrenFahrplan zur Lösung der Verfassungskrise beim EU-Gipfel im Juni inBrüssel vorlegen. Der Plan werde «inhaltliche Weichenstellungen»beinhalten. Entscheidungen müsse dann später eine Konferenz derStaats- und Regierungschefs treffen, sagte sie. Beim Juni-Gipfelwerde man sehen, «ob was zu Stande kommt oder nicht».
Parallel zur Verabschiedung der Erklärung zum 50. Geburtstag derEU im historischen Zeughaus Unter den Linden feierten tausendeMenschen bei herrlichem Sonnenschein ein Europafest rund um dasBrandenburger Tor. Zu einer Demonstration von Gipfelgegnern kamenrund 1000 Menschen.
Mit der «Berliner Erklärung» verpflichtet sich die EU nachzweijähriger Reform-Stagnation, einen Vertrag für mehr Demokratie,soziale Sicherheit und Bürgernähe zu schließen. RatspräsidentinMerkel, Kommissionspräsident José Manuel Barroso und der Präsidentdes Europaparlaments, Hans-Gert Pöttering, unterzeichneten den Textstellvertretend für die anderen Staats- und Regierungschefs.
Seit 2005 Franzosen und Niederländer Nein zur Verfassung gesagthatten, sucht die EU Alternativen zu dem Reformwerk, ohne das neueErweiterungsrunden unmöglich sind. Der niederländische RegierungschefJan Balkenende bekräftigte am Rande des Gipfels: «Wir brauchen einenÄnderungsvertrag ... das Wort Verfassung brauchen wir nicht».
Auch Pöttering sagte, am Ende brauche der Begriff Verfassung nichtmehr aufzutauchen, aber die Substanz müsse erhalten bleiben. Beieinem Treffen der konservativen Staats- und Regierungschefs amSamstag fiel häufiger der Begriff «Grundvertrag» als Ersatz für«Verfassungsvertrag».
Frankreichs scheidender Staatspräsident Jacques Chirac versicherteMerkel, sein Land werde ihr Rückendeckung geben: «Frankreichunterstützt voll und ganz Kanzlerin Merkel.» Chirac wurde von derGipfel-Runde beim Mittagessen mit großem Beifall verabschiedet.
Merkel, die die Ehrengäste zur Unterzeichnung der Erklärung mitEhemann Joachim Sauer empfangen hatte, erinnerte an die deutscheTeilung und deren Überwindung vor 18 Jahren. «Ein Traum ist wahrgeworden», sagte die in Ostdeutschland aufgewachsene Ratspräsidentinüber die europäische Einigung. Sie habe am eigenen Leib erfahren:«Nichts muss so bleiben, wie es ist.» Europa müsse in der Energie-,Außen-, Innen- und Rechtspolitik besser und schnellere Entscheidungentreffen können.
Barroso bezeichnete Deutschland als treibende und verlässlicheKraft in Europa: «Die Europäische Union von heute - unser erweitertesEuropa - gäbe es nicht ohne das Engagement und die SolidaritätDeutschlands.» Der britische Premierminister Tony Blair, ohne Zweifelbrauche die EU Veränderungen, wenn sie effektiver werden solle. Erverwies allerdings auf das Scheitern der Referenden in Frankreich undden Niederlanden. «Wir müssen deshalb realistisch sein.»
Der tschechische Präsident Václav Klaus sagte erneut, er sei mitder Arbeit von Merkel an der «Berliner Erklärung» unzufrieden. «Esfehlt eine demokratische Debatte, eine demokratische Diskussion»,kritisierte er. «So kann man das wirklich leider nicht machen.» Klausstellte aber grundsätzlich klar, auch seine Regierung wolle bis 2009einen EU-Grundlagentext ratifizieren.
Mit einem Festakt zu den Klängen von Beethovens 5. Symphonie hatteMerkel die Staats- und Regierungschefs am Samstag in der BerlinerPhilharmonie auf das Jubiläum eingestimmt. Am Abend waren die Gästebei Bundespräsident Horst Köhler im Schloss Bellevue zum Essengeladen. Die «Nacht der Schönheit» lockte in 14 Museen rund 18 000Menschen an. Clubs lockten tausende Tanz- und Musikfreunde.
