Erdrutsch-Sieg für Australiens Labor-Opposition
Sydney/dpa. - Für den seit elf Jahren regierenden Premierminister John Howard (68) zeichnete sich eine vernichtende Niederlage ab: sogar in seinem eigenen Wahlkreis lag die Laborkandidatin vorn. Er wäre der erste Premierminister seit 1929, der seinen eigenen Wahlkreis verliert.
Für die Laborpartei stimmten rund 53 Prozent der 13 Millionen Wähler, für die Regierungskoalition etwa 46 Prozent. Damit stellt die bisherige Oppositionspartei im neuen Parlament die absolute Mehrheit. Howard kündigte schon vor dem Endergebnis das Ende seiner politischen Karriere an. «Ich habe Herrn Rudd und Labor zu einem eindrücklichen Sieg gratuliert», sagte er in Sydney. «Ich wünsche ihm alles Gute.»
«Australien hat sich heute der Zukunft zugewandt», sagte Rudd vor jubelnden Parteigängern in Brisbane. Er würdigte Howards Arbeit. «Wir haben viele Differenzen, aber wir sind beide stolz auf dieses Land.»
Die Differenzen waren vielen Wählern im Wahlkampf verborgen geblieben. Rudd hatte vor allem damit geworben, frischen Wind in die Regierung zu bringen. In der Wirtschaftspolitik versprach er aber eine Fortsetzung der Politik von Howard. In dessen Amtszeit waren die Bundesschulden getilgt wurden, die Arbeitslosigkeit sank auf ein Rekordniveau und die Haushaltseinkommen verdoppelten sich. Der Labor-Chef kündigte eine Fortsetzung der Wirtschaftspolitik an. Großzügige Sozialausgaben werde es bei ihm nicht geben, sagte Rudd. Er kündigte aber ein umfangreiches Programm für Bildungsinvestitionen an.
Rudd hatte im Wahlkampf den Abzug der verbliebenen 580 Soldaten aus dem Irak angekündigt. Die Beteiligung an der amerikanischen «Koalition der Willigen» ist in Australien seit langem äußerst unpopulär. Howard hatte sich stets als unumstößlicher Verbündeter der USA positioniert. Er stand auch als einziger an Bushs Seite, als dieser das Kyoto-Protokoll zum Klimaschutz ablehnte. Rudd will den Vertrag zum Abbau der Emissionen umgehend ratifizieren.
Der künftige Regierungschef dürfte als der unerfahrenste Premier seit dem Zweiten Weltkrieg in seinem Land antreten. Er hatte bisher keine Regierungsämter. Rudd kam 1998 ins Parlament, als Howard Premierminister wurde. In der Opposition war der frühere Diplomat Sprecher für Außenpolitik, ehe er vor einem Jahr die Parteiführung übernahm.
In einer Blitzumfrage nach der Stimmabgabe sagten gut 50 Prozent der Befragten, Howard sei zu lange im Amt gewesen. Er hatte sich Bestrebungen in seiner Partei, mit Finanzminister Peter Costello als Spitzenkandidat in den Wahlkampf zu ziehen, stets widersetzt.