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Diplomatie auf Abruf Diplomatie auf Abruf: Außenminister Gabriel und Tillerson beraten über Krisenherde

Von Karl Doemens 30.11.2017, 22:18
Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel und der amerikanische Außenminister Rex Tillerson.
Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel und der amerikanische Außenminister Rex Tillerson. dpa

Washington - Keine zehn Monate ist es her, dass der amerikanische Außenminister Rex Tillerson seinen deutschen Amtskollegen Sigmar Gabriel zum ersten Mal im State Department empfing. Beide Politiker waren gerade ein paar Tage im Amt. „Wir sind die New Kids on the Block“, scherzte der Gast in Anspielung auf eine amerikanische Popgruppe aus den achtziger Jahren. Die beiden Diplomaten fanden schnell einen Draht zueinander.

Insofern entbehrt es nicht der Ironie, dass kurz nach der Begrüßung Gabriels durch Tillerson bei seinem vierten Besuch am Donnerstag die New York Times meldet, das Weiße Haus habe nun einen konkreten Plan erarbeitet, den als moderat geltenden Tillerson durch den derzeitigen CIA-Direktor Mike Pompeo, einen Hardliner, zu ersetzen. Zwar sind die Gerüchte über eine Ablösung Tillersons nicht neu, doch mit dem Bericht verdichten sich die Anzeichen für einen Personalwechsel massiv. „Wir haben nicht über Eilmeldungen gesprochen“, wehrt Gabriel bohrende Nachfragen von Journalisten ab.

In der deutschen Delegation heißt es nachher, Tillerson sei absolut souverän aufgetreten. Doch tatsächlich beraten am Donnerstag ein nur noch geschäftsführender deutscher Außenminister und ein schwer angeschlagener US-Kollege über die Krisen der Welt, und niemand weiß, wer von den beiden in ein paar Wochen noch im Amt sein wird. Der Auftritt der „New Kids“ wirkt eher wie eine Abschiedstournee.

Wachsende Konflikte stellen Außenminister vor neue Herausforderungen

Die deutsch-amerikanischen Beziehungen, seit der Wahl des Twitter-Rabauken Donald Trump zum amerikanischen Präsidenten ohnehin in unruhigem Fahrwasser, sind also noch deutlich schwieriger geworden. Und es scheint, als seien gleichzeitig die Herausforderungen gewachsen: das mühsam ausgehandelte Atomabkommen mit dem Iran steht auf der Kippe, und in dem nordkoreanischen Machthaber Kim Kong-Un hat Trump einen ebenbürtigen Partner beim bedenkenlosen Hochschaukeln von Emotionen und Konflikten gefunden. Am Mittwoch hat das Regime in Pjöngjang die bislang größte Interkontinentalrakete getestet, die eine Atombombe bis ins amerikanische Festland feuern könnte. Im Falle eines Krieges werde die nordkoreanische Führung „vollkommen zerstört“, hat Nikki Haley, die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, gewarnt.

Gabriel bemüht sich in dieser heiklen Lage um Gelassenheit. Er hat den nordkoreanischen Botschafter einbestellt und das Personal der deutschen Botschaft in Pjöngjang um einen weiteren Diplomaten reduziert. Nun arbeitet in dem riesigen Gebäude aus DDR-Zeiten nach Angaben des Auswärtigen Amtes noch „eine niedrige einstellige Zahl“ von Deutschen. In Berlin hält man es für unklug, den Gesprächsfaden ganz abreißen zu lassen. „Es gibt keine Anforderung der USA zur Schließung der Botschaft in Nordkorea“, rückt Gabriel nach dem Gespräch mit Tillerson missverständliche Äußerungen von dessen Sprecherin zurecht. „Aber wir schließen weitere Maßnahmen nicht aus“, betont der deutsche Minister.

Bisher keine klare Strategie für nordkoreanisches Regime

Wie eine Strategie gegen das unberechenbare Regime in Nordkorea aussehen könnte, bleibt nach der Begegnung in Washington offen. Der Schlüssel, darüber ist man sich wohl einig, liegt bei Nordkoreas mächtigem Nachbarn China. „Die Chinesen machen schon eine Menge“, antwortet Tillerson auf eine Reporterfrage: „Aber wir meinen, Sie könnten mehr Öl zurückhalten.“ In der deutschen Delegation heißt es, wichtig sei vor allem, das Vertrauensverhältnis zwischen Washington und Peking zu stärken. Man müsse der asiatischen Großmacht die Angst nehmen, dass die USA ihr über einen Regimewechsel in Nordkorea unmittelbar auf die Pelle rücken wolle. Tatsächlich hatte sich Trump nach seinem Besuch in China sehr freundlich über dessen Präsidenten Xi Jinping geäußert. Doch ist unklar, wie dauerhaft dieser Kurswechsel ist.

Im Iran steuert Trump jedenfalls mit seiner Ankündigung, das Atomabkommen aufzukündigen, auf direktem Konfrontationskurs zu den Europäern. Gabriel wirbt in Washington auch bei Gesprächen im Kongress für eine Beibehaltung des Deals. Gleichzeitig betont er, die amerikanische Kritik an der iranischen Destabilisierungspolitik in der Region sei berechtigt. Hier wollten auch die Europäer den Druck verstärken. Nur solle das eben unabhängig von dem Abkommen geschehen.

Bei seinem amerikanischen Amtskollegen scheint Gabriel auf Verständnis zu stoßen. „In weiten Teilen vertreten wir eine gemeinsame Position“, versichert er. Aber was heißt das schon in diesen  unsteten Zeiten?  Wie lange wird Tillerson überhaupt etwas zu sagen haben? Gabriel wehrt die Frage ab: „Wir sehen uns nächste Woche beim Nato-Gipfel schon wieder“, kündigt er an.