DDR-Vergangenheit DDR-Vergangenheit: BGH hebt Freispruch auf

Leipzig/dpa. - Damit hat der BGH erstmals eine Strafbarkeit des Totschlags durchUnterlassen festgestellt. Die Angeklagten seien schuldig, weil siesich nicht für eine Humansierung des Grenzregimes eingesetzt hätten.Als Mitglied des Politbüros hätten sie aber nach der Verfassung derDDR die Pflicht gehabt, gegen das praktizierte Grenzregimeeinzuschreiten. Die Angeklagten hätten ihre Machtposition so nützenmüssen, dass der Schutz des Lebens und die Unversehrtheit eines jedenBürgers der DDR gewährleistet gewesen wäre. Da sie dies unterließen,hätten sie die Morde durch die Mauerschützen ermöglicht. Damit seiensie Gehilfen von Egon Krenz, Günter Schabowski und Günther Kleiber.
Eine Verurteilung von Häber, Böhme und Lorenz sei logischeKonsequenz der bisherigen Rechtsprechung. Bereits im August 1997waren Krenz, Schabowski und Kleiber wegen Totschlags verurteiltworden. Nach dem BGH hatten das Bundesverfassungsgericht und derEuropäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg das Urteilbestätigt. Die DDR-Spitzenfunktionäre waren damit am Tod derMaueropfer Michael-Horst Schmidt, Michael Bittner, Lutz Schmidt, undChris Gueffroy Schuld.
Im Verfahren gegen Häber, Böhme und Lorenz ging es um dieselbenOpfer. Über das Ausmaß der jeweiligen Tatbeteiligung muss nun dasBerliner Landgericht in einer Neuauflage des Prozesse entscheiden.Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass seit Anklageerhebung übersechs Jahre vergangen sind.