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Bundeswehr Bundeswehr: Falscher Flüchtling Franco A. schon länger als Rechtsextremist bekannt

Von Markus Decker 28.04.2017, 14:39
Der 29-jährige Oberleutnant Franco A. hatte sich aus rechtsextremen Gründen als syrischer Flüchtling ausgegeben.
Der 29-jährige Oberleutnant Franco A. hatte sich aus rechtsextremen Gründen als syrischer Flüchtling ausgegeben. imago / Rüdiger Wölk

Berlin - Das Erstaunen war auch am Freitag noch groß. „Das ist wie ein Stück aus dem Tollhaus“, sagte der Linken-Abgeordnete André Hahn am Rande der Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr). Sein SPD-Kollege Burkhard Lischka erklärte, wenn ein Autor mit einem Manuskript zu einem Verlag gegangen wäre, das dem Inhalt des Terrorverdachtsfalls bei der Bundeswehr entsprochen hätte, dann hätte der Verlag das Manuskript abgelehnt. Begründung: zu unrealistisch.

Am Donnerstag war publik geworden, dass ein rechtsextremer 28-jähriger Oberleutnant aus Offenbach namens Franco A. sich als syrischer Flüchtling hatte registrieren lassen, um anschließend irgendetwas zu tun, was er Flüchtlingen hätte in die Schuhe schieben können. Das PKGr, das die Geheimdienste zu beaufsichtigen hat, trat gestern zusammen, um sich von Bundesregierung und Sicherheitsbehörden informieren zu lassen. Völlige Klarheit herrscht noch nicht.

Falscher Flüchtling bekam 400 Euro im Monat – zusätzlich zu seinem Sold

Der Vorsitzende des Gremiums, Clemens Binninger (CDU), beklagte, dass es der Militärische Abschirmdienst (MAD) versäumt habe, die Abgeordneten in der letzten Sitzung am Mittwoch über den Vorgang in Kenntnis zu setzen. Der MAD ist für extremistische Bestrebungen in der Truppe zuständig. „Die Informationen hätten uns am Mittwoch gegeben werden können, wenn nicht müssen“, betonte er. Der Grüne Christian Ströbele kritisierte: „Der MAD hat das PKGr bewusst in die Irre geführt.“

In der Sache ergibt sich noch kein abschließendes Bild. Klar ist, dass sich der angeblich perfekt Französisch sprechende Soldat am 30. Dezember 2015 gegenüber der hessischen Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Gießen als syrischer Flüchtling ausgab. Er stellte sich als David Benjamin vor und behauptete, verfolgter christlicher Sohn eines Gemüsehändlers aus Damaskus zu sein. Den Asylantrag stellte der Mann Anfang Januar 2016 in der Erstaufnahmeeinrichtung im bayerischen Zirndorf und wurde von dort einer Unterkunft im Landkreis Erding zugewiesen.

Die Anerkennung als subsidiär Schutzbedürftiger folgte im November 2016. Der falsche Flüchtling, der als Soldat im französischen Illkirch (Elsass) stationiert war, bekam rund 400 Euro monatlich zusätzlich zu seinem Sold und pendelte zwischen seinen Wohnungen in Straßburg und Offenbach sowie der Unterkunft in Erding.

Wer hat Schuld, dass es soweit gekommen ist?

Auffällig wurde Franco A., als er auf der Toilette des Flughafens in Wien-Schwechat eine historische französische Waffe auf der Toilette versteckte und sie später wieder mitnehmen wollte. Das war Anfang Februar. Da schnappte die österreichische Polizei zu, nahm Fingerabdrücke, glich sie mit den Fingerabdrücken der europäischen Datenbank Eurodac ab und landete den Treffer. Plötzlich wurde offenbar: Franco A. und David Benjamin sind identisch.

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt ermittelte. Die Auswertung des Handys ergab, dass der Verdächtige in Chats mit einem 24-jährigen Studenten, der ebenfalls aus Offenbach stammt und zahlreiche Waffen besaß, seine rechtsextremistische Gesinnung offenbart hatte. Der Eindruck verfestigte sich in einem neunstündigen Verhör mit dem MAD. Am Mittwoch wurden sowohl der 28-Jährige als auch der 24-Jährige festgenommen. Weitere langjährige Kontakte werden noch untersucht und damit die Frage, ob ein Netzwerk existiert. Strittig bleibt, wer Schuld trägt, dass es so weit kommen konnte.

Bamf hätte Franco A. enttarnen müssen

Darüber, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) den falschen Syrer hätte enttarnen müssen, besteht Konsens. Er sieht nicht gerade wie ein Syrer aus. Auch sprach er kein Arabisch. Der MAD sagt überdies, Hinweise auf eine rechtsextremistische Gesinnung habe es nicht gegeben. Der jetzt Inhaftierte galt als mustergültig und intelligent.

Linken-Politiker Hahn sprach indes davon, dass Franco A. schon länger als Rechtsextremist bekannt gewesen sei, ohne dies auszuführen. Ströbele monierte, der Verdächtige habe „die Sicherheitsbehörden vorgeführt“ und sieht auch ein Versagen des MAD. Ohne die Leistung der österreichischen Polizei, so der Grüne, wäre Franco A. alias David Benjamin weiter unterwegs.