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Außenpolitik USA Außenpolitik USA: Bush macht keine halben Sachen

Von Herbert Winkler 06.12.2002, 21:17
George W. Bush und Jiang Zemin
George W. Bush und Jiang Zemin X00193

Washington/dpa. - Im Jahr nach den terroristischen Angriffen hatder Chef der einzigen Supermacht der Welt mit seltener Klarheitgezeigt, wie er sie führen will. «Ich brauche von niemandem Tipps.Ich tue, was ich für richtig halte», sagte Präsident George W. Bush.«Ich verbringe nicht viel Zeit damit, rund um die Welt Umfragen zuveranstalten.»

Im Krieg gegen den Terrorismus und dessen Verbündete ist Bush zueinem unnachgiebigen Kurs entschlossen, der auf diplomatischeEmpfindlichkeiten keine Rücksicht nimmt. Im Namen der nationalenSicherheit hat er die im Kalten Krieg bewährten Instrumente derEindämmung und Abschreckung zu den Akten gelegt. Die neuen Gefahrenrechtfertigten vorbeugende Angriffe, «bevor sie unsere Grenzenerreichen».

Richtig und falsch, gut und böse sind die Kriterien, nach denender Präsident im «Kriegsjahr 2002» gehandelt hat und weiter handelnwill. Wenn die internationale Gemeinschaft mitmacht, ist es gut. Erhabe sich auf ein langes Tauziehen im Weltsicherheitsrat über denIrak-Konflikt eingelassen, «weil wir ihn friedlich lösen wollen».Doch für den Fall, dass sich die Vereinten Nationen erneut als bloßer«Debattierverein» erweisen, hat er die Option eines US-Angriffs aufBagdad fest eingeplant. Der bisher einzige namentlich bekannteAlliierte ist Großbritannien.

Halbe Sachen akzeptiert Bush nicht. «Diesmal meinen wir es ernst»,ließ er den Irak immer wieder wissen. «Um international akzeptiert zuwerden, muss man gewinnen», sagte einer seiner Berater demNachrichtenmagazin «Time». Das Selbstbewusstsein des Präsidenten seimit jedem Erfolg gewachsen, urteilte die Zeitschrift. Dazu zähltender schnelle Sieg gegen die Taliban und El Kaida in Afghanistan unddie Überwindung des russischen Widerstandes gegen den Aufbau einerRaketenabwehr. Doch selbst wenn die Welt nicht folge, marschiere derRepublikaner weiter voran. Als Musterbeispiel dafür gilt das von ihmabgelehnte Umweltschutzabkommen von Kyoto. Der große Erfolg derRepublikanischen Partei bei den Kongresswahlen Anfang November hatdas bestimmte Auftreten des Mannes im Weißen Haus nur noch verstärkt.

»Die USA vertreiben ihre Freunde», warnte Clyde Prestowitz vomEconomic Strategy Institute in Washington in einer Analyse. Diemeisten ausländischen Beobachter hielten die US-Nahostpolitik fürpro-israelisch. Es herrsche weithin Entsetzen über die Neigung zuAlleingängen. Die Außenpolitik werde als unausgewogen eingeschätzt,beispielsweise bei der völlig unterschiedlichen Behandlung des Iraksund Nordkoreas. Und die neue Bush-Doktrin des Präventivschlags habeAlarm ausgelöst, weil selbst eine «gutartige Hegemonie mit so vielMacht Furcht erregt».

In der von der Nationalen Sicherheitsberaterin Condoleezza Riceverfassten Sicherheitsstrategie heißt es, die USA würden sich für einGleichgewicht der Macht einsetzen, welche die Freiheit fördere. «DenAufstieg einer gegnerischen militärischen Macht» würden sie nichtzulassen, Partner wann immer mit ihren Interessen vereinbar suchen.Das Land habe eine beispiellose Stärke und einen beispiellosenEinfluss. Nur wenige haben dem widersprochen. Aber viele hielten esfür einen Fehler, es derart schonungslos auszusprechen.

Kritiker in den USA stellten bei Bush zudem die Eigenschaft fest,sehr persönlich auf Gesprächspartner zu reagieren. Sympathie oderAntipathie färbten auf die Politik ab. Der Kolumnist Jackson Diehlschilderte in der «Washington Post», dass der direkte Draht zumPräsidenten gelegentlich zu Verwirrung unter seinen Diplomaten führe.Israels Ministerpräsident Ariel Scharon habe das meisterhaftausgenutzt, auch Russlands Staatschef Wladimir Putin. BundeskanzlerGerhard Schröder sei das Negativ-Beispiel, fuhr Diehl fort. Währendsich Außenminister Colin Powell bemüht habe, die deutsch-amerikanischen Beziehungen zu reparieren, sei das Weiße Haus des tiefgekränkten George W. Bush lange Zeit feindselig aufgetreten.