1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Arbeitslosengeld I: Arbeitslosengeld I: Müntefering lässt Beck gewähren

Arbeitslosengeld I Arbeitslosengeld I: Müntefering lässt Beck gewähren

Von Stefan Sauer 16.10.2007, 06:33
Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) spricht am 16. Oktober vor einem Hotel in der Innenstadt von Frankfurt am Main zu Journalisten. (Foto: dpa)
Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) spricht am 16. Oktober vor einem Hotel in der Innenstadt von Frankfurt am Main zu Journalisten. (Foto: dpa) dpa

Berlin/Mainz/MZ. - Als ihn ein Journalist darauf anspricht,dass ihm jeder Anflug der sonst üblichen Launigkeitabgehe, lacht Kurt Beck ein diszipliniertesLachen. Munterkeit ist Pflicht, obwohl esin Wahrheit keinen Grund zur Freude vor demGästehaus der rheinland-pfälzischen Landesregierunggibt. Auch nicht für den Sieger.

Macht demonstriert

Sicher, Kurt Beck hat "gewonnen". Er hatsich gegen Vizekanzler und BundesarbeitsministerFranz Müntefering durchgesetzt. Zwei Stundenlang hat der SPD-Chef zuvor mit BundesarbeitsministerMüntefering und dem Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion,Peter Struck, im Gästehaus nach einer gemeinsamenLinie in der Frage gesucht, ob das ArbeitslosengeldI (ALG I) für ältere Arbeitnehmer ein paarMonate länger zu zahlen sei. Aus Becks Sichtwar vor dem Treffen klar, wie ein solchesEinvernehmen nur aussehen kann: Münteferingwürde seinen Widerstand gegen die Verlängerungaufgeben müssen. Schon Zeitpunkt und Ort derZusammenkunft - Dienstag, acht Uhr morgens,Mainz -, sind eine Machtdemonstration Becksgewesen. Doch der Vizekanzler gibt nicht kleinbei.

Als Müntefering drei Stunden später in Frankfurtvor die Kameras tritt, vermittelt er nichtden Eindruck eines Gedemütigten. Ihm sei klar,dass der SPD-Vorstand am kommenden Montagund ein paar Tage später auch der Parteitagin Hamburg mit breiter Mehrheit die Verlängerungdes ALG I beschließen werde, gegen seinenWillen. Die begrenzten Finanzmittel solltenbesser dafür verwendet werden, Arbeitschancenzu erhöhen und das Besetzen offener Stellenzu fördern, als Arbeitslosigkeit zu finanzieren.Ob er sich nicht als Verlierer fühle? "Ach,ich bin jetzt 67, ich bin bis 2009 als Abgeordneterdes Bundestags gewählt, ich hab’ da keineProbleme." Wenn die SPD und auch der Koalitionspartner,die Union, partout eine längere Bezugsdauerwollten, könne man das nicht ignorieren. KeinGedanke an Rücktritt.

Dass Beck, das glimpfliche Ende des zum Machtkampfeskalierten Streits vor Augen, gleichwohleinen unglücklichen Eindruck vermittelt, hateinen einfachen Grund: Noch bevor die SPDseinen Vorschlag formal beschlossen hat, istdie beabsichtigte Wirkung perdú. Mehr Einigkeitauf breiterer Basis hat Beck seiner SPD mitder ALG-I-Wohltat bescheren wollen. Eine Annäherungan die Gewerkschaften sollte vollzogen, andie Linkspartei verlorene Anhänger zurückgewonnenwerden.

Tiefer Riss

Tatsächlich aber geht ein tiefer Rissdurch die SPD, der weit über die Person FranzMüntefering hinausweist. Finanzminister PeerSteinbrück etwa hält von Becks Vorschlag eigentlichgar nichts. Nur mühsam vermag der SPD-Vize,der in Hamburg erneut für den Stellvertreterpostenkandidiert, die Balance auf dem schmalen Gratzwischen Selbstverleugnung und Loyalität zuhalten.