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Anschlag in Nizza Anschlag in Nizza: Berliner Schüler aus Frankreich zurückgekehrt

Von Martin Klesmann 15.07.2016, 17:26
Die Polizei sicherte am Abend den Flughafen Tegel.
Die Polizei sicherte am Abend den Flughafen Tegel. dpa

Die Schüler der  Klasse 7a wollten am Freitagmorgen ihren Mitschülern vortragen, was sie sich im Spezialfach „Herausforderungen“ so alles getraut hatten. Doch an diesem Morgen kommt die Klassenlehrerin aufgewühlt in den Unterricht. Etwas Schreckliches sei passiert, berichtet sie den Schülern der Paula-Fürst-Gemeinschaftsschule in Charlottenburg.

In Nizza sei ein Mann während des französischen Nationalfeiertages mit einem großen Lastwagen in die Menschenmenge gefahren. Viele Menschen seien getötet worden. Auch zwei Schülerinnen und eine Lehrerin der Schule  seien vermisst, eine weitere Schülerin habe schwer verletzt im Krankenhaus operiert werden müssen.

Schnell heißt es in der Schule, dass die beiden Schülerinnen aus der Jahrgangsstufe 12,  die eine 18, die andere 19 Jahre alt, und die junge Deutschlehrerin tot sind. Insgesamt waren dort 28 Schüler  auf Kursfahrt.  Die anderen Schüler waren noch am Abend völlig geschockt in ihr Hotel bei Nizza zurückgekehrt. Per WhatsApp und Mobiltelefon hielten sie Kontakt mit Eltern, Schulleitung und zu den zu Hause gebliebenen Mitschülern. Einige Schüler hatten die blutige Tat unmittelbar mitbekommen.

Tochter will schnell nach Hause

„Es ist einfach schrecklich“, sagt Ilse Rudnick von der für Charlottenburg-Wilmersdorf zuständigen Schulaufsicht draußen vor dem  altehrwürdigen Hauptgebäude der Schule in der Sybelstraße. Rudnick ist eine zierliche, aber resolute Dame, die im Auftrag der Bildungsverwaltung Fernsehteams von der Schule fernhalten soll.

Offiziell will die Schulrätin  den Tod der Lehrerin und der zwei Schülerinnen noch nicht bestätigen. Wohl auch, weil noch nicht alle Angehörigen zu diesem Zeitpunkt informiert worden waren. Drinnen im Schulgebäude und auch am anderen Standort in der Nehringstraße, den die Oberstufenschüler besuchten, liegen sich Schülerinnen und Schüler in den Armen. Auch Lehrer spenden einander Trost. Schulpsychologen sind gekommen, Polizeistreifen schützen die Eingänge.

Eine Mutter, deren Tochter nach eigenen Angaben in Nizza dabei ist, wirkt sehr mitgenommen. „Die sind alle völlig verstört. Die sind total traumatisiert“, berichtet sie vor dem Schultor über die noch in Nizza weilenden Schüler. Ihre Tochter wolle einfach nur nach Hause. Sie habe erzählt, bei dem Anschlag sei alles sehr schnell gegangen. Sie hätten sich dann stundenlang im Hotel verstecken müssen. „Jetzt warten sie nur darauf, dass ihre Maschine fliegt.“

Im Laufe des Tages legten einige Menschen Blumen vor dem Schulgebäude nieder. Eine andere Mutter, deren 18 Jahre alte Tochter während des Anschlags in Nizza war, sagte in der RBB-Abendschau, ihre Tochter und der Rest der Klasse haben den ganzen Tag im Hotelzimmer des überlebenden Lehrers verbracht, ohne jegliche psychologische Betreuung.

Am Abend, als drei Maschinen mit Berliner Schulklassen am Flughafen Tegel ankommen sollten, wartete Justus Münster, Leiter und Koordinator der Notfall-Seelsorge, mit 15 Kollegen, um Eltern und ihren Kindern  psychologische Hilfe anzubieten. „Wir werden  mit den Familien solange zusammen sein, wie die Eltern und Kinder das wünschen“, sagte Münster. Die Familien  sollten  am Flughafen von der Öffentlichkeit abgeschirmt werden.

„Sie sind weggerannt“

Mindestens zehn Berliner Schulen haben in dieser Woche Klassen- oder Kursfahrten nach Nizza unternommen, und viele wollten sich das Feuerwerk  zum französischen Nationalfeiertag an der Strandpromenade von Nizza nicht entgehen lassen.

Viele Eltern, die erst am Freitagmorgen die Nachricht erhalten hatten, meldeten sich tief besorgt in den Schulsekretariaten. „Unser Leistungskurs Deutsch ist in Sicherheit“, teilte die Wilma-Rudolph-Sekundarschule aus Dahlem deshalb schon am Freitagmorgen auf ihrer Homepage mit. Ähnlich machten es das Albert-Einstein-Gymnasium in Britz, das Otto-Nagel-Gymnasium in Biesdorf, das Romain-Rolland- und das Bülow-Gymnasium   aus Reinickendorf und das Marie-Curie-Gymnasium in Wilmersdorf.

23 Oberstufenschüler des Max-Planck-Gymnasiums in Mitte sind mit zwei Lehrern ebenfalls nach Nizza gereist, waren an der Strandpromenade. „Sie sind dann weggerannt“, berichtet Rita Hoffmann, die stellvertretende Schulleiterin. „Zum Glück sind alle zusammengeblieben.“ Nizza sei an vielen Schulen schon wegen der kurzen Flugzeit und der guten Flugverbindungen von und nach Berlin ein beliebtes Reiseziel. Außerdem versuchten Französischlehrer, mit einem Besuch der schönen mediterranen Stadt unter den Schülern für die französische Sprache zu werben.
 Auch Schüler des Gerhart-Hauptmann-Gymnasiums in Friedrichshagen haben den Anschlag miterlebt. Und zwar die Leistungskurse Französisch und Kunst. „Wir sind in ständigem Kontakt“, sagt Schulleiter Thomas Hähnert. Dank der sozialen Netzwerke hätten die meisten Schüler, Eltern und Lehrer noch in der Nacht auf Freitag klären können, dass es allen so weit gut gehe.