1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Anschlag in Nizza: Anschlag in Nizza: Zehn Kinder unter den Toten - mehr als 50 im Krankenhaus

EIL

Anschlag in Nizza Anschlag in Nizza: Zehn Kinder unter den Toten - mehr als 50 im Krankenhaus

15.07.2016, 09:47
Bei einem Anschlag in Nizza sind mehr als 80 Menschen getötet worden.
Bei einem Anschlag in Nizza sind mehr als 80 Menschen getötet worden. AFP

Überblick:

Binnen weniger Sekunden wird der Ort der fröhlichen Feier zum Schauplatz des blutigen Grauens. Mit brachialer Gewalt rast ein Lkw am Donnerstagabend auf dem Strandboulevard von Nizza in eine Menschenmenge, die gerade ein farbenfrohes Feuerwerk anlässlich des französischen Nationalfeiertags bestaunt hat.

Von 19-Tonnen-Lkw zerquetscht

Männer, Frauen und Kinder rennen panisch in alle Richtungen davon, doch dutzende Menschen werden von dem 19-Tonner zerquetscht. Mindestens 84 Menschen sterben bei dem Anschlag auf der von Palmen gesäumten Promenade des Anglais am Strand von Nizza, 18 Menschen schweben am nächsten Morgen noch immer in Lebensgefahr. Unter ihnen auch zahlreiche Kinder. Mindestens 50 Kinder werden derzeit im Krankenhaus behandelt. Zwei Kinder seien am Freitagmorgen bei Operationen gestorben, teilte eine Sprecherin des Kinderkrankenhauses Lanval mit.  Insgesamt  zehn Kinder und Jugendliche wurden getötet. Das sagte der Pariser Staatsanwalt François Molins am Freitag vor Journalisten.

Acht Monate nach den islamistischen Anschlägen von Paris ist Frankreich ausgerechnet an seinem Nationalfeiertag erneut Ziel einer blutigen Attacke geworden - das Entsetzen ist grenzenlos. Der AFP-Journalist Robert Holloway ist als Tourist in Nizza und bekommt den Anschlag kurz nach Ende des Feuerwerks gegen 23.00 Uhr mit.

„Es war das absolute Chaos“

Der Lastwagen sei „mit vollem Tempo auf die Leute zugerast“, die gerade nach Hause gehen wollten, berichtet er. „Ich war ungefähr hundert Meter entfernt und hatte nur wenige Sekunden, um auszuweichen.“ „Wir sahen, wie Leute getroffen wurden und wie Gegenstände umherflogen“, berichtet Holloway.

„Ich musste mein Gesicht vor den umherfliegenden Gegenständen schützen.“ Panik breitet sich aus, die Menschen rennen um ihr Leben. „Die Leute haben geschrien, es war das absolute Chaos.“ „Wir haben hunderte Leute gesehen, die gerannt sind, um sich in Sicherheit zu bringen“, sagt eine 37-Jährige der AFP. „Darunter waren auch Kinder.“

Dann zog der Täter eine Waffe

Viele Familien waren gekommen, um sich am Abend des 14. Juli das traditionelle Feuerwerk anzuschauen. Auch unter den Toten sind Kinder. Im Fernsehsender BFMTV berichtet ein Augenzeuge, er habe zuerst gedacht, dass der Lkw-Fahrer die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren habe. „Er hat genau vor mir angehalten, nachdem er viele Leute überfahren hatte. Ich habe einen anderen Mann auf der Straße gesehen, wir haben gemeinsam versucht, mit dem Fahrer zu sprechen, damit er aufhört.“ Dann habe der Täter eine Waffe gezogen und auf Polizisten geschossen.

„Sie haben ihn getötet und sein Kopf hing aus dem Fenster.“ Zwei Kilometer ist der Lastwagen zuvor durch die Menschenmenge gerast und hat eine Schneise der Verwüstung hinterlassen. Auf dem Boulevard des bei Touristen beliebten Badeorts bietet sich ein Bild des Schreckens, Dutzende Leichname liegen aufgereiht nebeneinander, bedeckt von Tüchern.

Der Augenzeuge Tarubi Wahid Mosta veröffentlicht auf seiner Facebook-Seite erschütternde Fotos - eine Puppe, die auf der Straße liegt, ein verlassener Kinderwagen, ein zerbrochener Kinderroller. „Es war ein Alptraum - ich war inmitten von Leichen“, schreibt er und berichtet, wie Menschen neben toten Angehörigen ausharrten.

„All diese Leichen und die Familien - sie saßen stundenlang auf dem Boden und hielten die kalte Hand von Toten.“ Staatschef François Hollande, vom Theaterfestival in Avignon zurück nach Paris geeilt, spricht bei einer Fernsehansprache von einer Tat mit eindeutig „terroristischem Charakter“. „Ganz Frankreich ist vom islamistischen Terrorismus bedroht“, sagt der sichtlich erschütterte Präsident. Das war den Franzosen bewusst.

Seit dem Anschlag auf die Satirezeitung „Charlie Hebdo“ im Januar 2015 war die Regierung nicht müde geworden, vor der anhaltend hohen Terrorgefahr zu warnen. Doch vor nicht einmal einer Woche war die Fußball-Europameisterschaft zu Ende gegangen, ohne dass es zu dem befürchteten Anschlag auf das Turnier gekommen wäre.

Erleichterung hatte sich breit gemacht - nun folgte die blutige Attacke von Nizza. Der 14. Juli, von den Franzosen als Beginn der Französischen Revolution gefeiert, sollte ein Tag der unbeschwerten Feste werden - er endete in einem Blutbad. (afp/dpa)