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ADAC-Test ADAC-Test: Täglicher Stress im Bus

Von HARALD BOLTZE UND ANNE PASSOW 19.03.2009, 20:38

DROYSSIG/NAUMBURG/MZ. - Er musste auch nicht anhalten, um prügelnde Kinder zu trennen. Und bis auf zwei, drei Schokoladenverpackungen war es hinter ihm in den Sitzreihen "außergewöhnlich sauber".

Als der 17-jährige Thomas, Schüler des kirchlichen Droyßiger Gymnasiums Christopherusschule, zur gleichen Zeit die Haltestelle verließ, war er geschafft. Knapp 45 Minuten Busfahrt am Morgen, sechs Stunden Schule, dann die Rückfahrt. Die Luft im Bus war stickig. Vor und hinter ihm schrien, sangen und lachten dutzende Fünft- bis Zwölftklässler. Wenigstens einen Sitzplatz hat er erwischt.

Torsten Gericke und der 17-Jährige waren mit der laut ADAC schlechtesten Schulbuslinie Deutschlands unterwegs. Die Busfahrt bestätigte Kritikpunkte des ADAC-Tests - der Lärmpegel war hoch, es saßen teilweise drei Kinder auf zwei Plätzen, und die Haltegriffe konnten die Kleinsten sicher nicht erreichen.

Im November hatten die ADAC-Prüfer weitere Mängel festgestellt. Beim Ein- und Aussteigen wurde kräftig gedrängelt, im Bus gab es ein Gerangel um die Sitzplätze. Während der Rückfahrt standen Schüler auf den Treppenstufen des Einstiegs und unmittelbar vor der Frontscheibe - die Sicht des Fahrers war eingeschränkt. Und der war zudem viel zu schnell unterwegs. Er passte sein Fahrverhalten am Morgen nicht der Dunkelheit an und war auch noch unfreundlich, so die Tester in ihrem Bericht. In dem Bus fanden sie angebrannte Polster vor, einen ungesicherten Mülleimer neben dem Ausstieg - und nach der Tour reichlich Abfälle, die die Schüler hinterließen.

Eine Hin- und eine Rücktour hatten die Tester begleitet - für Lutz Däumler, Geschäftsführer der Personenverkehrsgesellschaft (PVG) Burgenlandkreis zu wenig für eine generelle Beurteilung. "Die Fahrer, die damals am Steuer waren, sind noch nie negativ aufgefallen und haben mir versichert, weder zu schnell gefahren noch unhöflich gewesen zu sein", so Däumler. Er kündigte jedoch an, dass die Fahrer künftig besser geschult werden sollen. "Wir werden natürlich Konsequenzen ziehen", sagte auch Gerd Waldmann. So will der Beigeordnete des Burgenlandkreises - der Kreis ist zuständig für die Schülerbeförderung - mit der PVG über das Verhalten der Fahrer sprechen. Auch solle geklärt werden, ob die Haltestelle in Droyßig näher an die Schule verlegt werden könne. Die Lage der Haltestelle gehörte zu den Kritikpunkten der Tester.

Harald Kreibich, Sprecher des Magdeburger Verkehrsministeriums, begrüßte derweil die ADAC-Test: "Für uns ist es hilfreich, wenn jemand den Finger in die Wunde legt und uns zeigt, wo wir Dinge verändern können." Gerade in puncto Fahrverhalten sei dies möglich. Schwieriger sähe es mit der Finanzierung aus: "Dem Land Sachsen-Anhalt stehen jährlich 31 Millionen Euro für die Schülerbeförderung zur Verfügung - damit müssen wir arbeiten."

Der ADAC sieht indes die finanzielle Ausstattung der Schülerbeförderung als wesentliche Ursache für die bei seiner Untersuchung festgestellten Mängel. Die Busunternehmer seien zu äußerst knappen Kalkulationen gezwungen - zu schnell fahrende und gestresste Fahrer sowie zusammengepferchte Schüler seien die Folge. Bei dem Test waren ein Drittel der bundesweit untersuchten 72 Fahrten mit der Note "mangelhaft" durchgefallen, ein weiteres Drittel erreichte nur ein "ausreichend".

Normaler Alltag herrschte an der Bushaltestelle in Droyßig unterdessen am Donnerstag nicht. Erstmals war Randolf Kipping, Leiter des PVG-Betriebsstelle Zeitz, vor Ort, um nach dem Rechten zu sehen. Als die Gymnasiasten der nun deutschlandweit bekannten Linie 826 in den Schulbus stiegen, gab es kein Drängeln. "Wir haben ein neues System entwickelt", sagte der stellvertretende Christopherus-Schulleiter Johannes Jagusch. Doch seine Schüler halten davon nicht viel. "Wenn mal ein Lehrer da ist, benehmen sich alle. Sonst wird gedrängelt wie immer", sagte der 17-jährige Christian. Sein gleichaltriger Mitschüler Thomas hat derweil eine Lösung im Auge. "Wenn ich den Führerschein habe, tue ich mir das Busfahren nicht mehr an."