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5.000 demonstrieren in Dresden gegen Rassismus 5.000 demonstrieren in Dresden gegen Rassismus: Stanislaw Tillich will "mit aller Härte" vorgehen

Von Bernhard Honnigfort 29.08.2015, 17:44

Heidenau - Drei deutsche Gerichte haben entschieden – und am Ende war man wieder am Anfang: „Nach dem Hin und Her der letzten 24 Stunden sind wir jetzt wieder auf dem Stand von gestern", meinte Thomas Geithner von der Dresdner Polizei am Sonnabend. Das Bundesverfassungsgericht hatte  am Wochenende das Demonstrationsverbot in Heidenau aufgehoben und festgestellt, dass der polizeiliche Notstand, auf den sich der Landkreis Sächsische Schweiz berufen hatte, nicht schlüssig belegt worden sei.

Während die juristischen Streitereien gegen das Demo-Verbot, angestrengt von einem jungen Mann aus dem Rheinland, beigelegt waren, zogen am Sonnabendnachmittag längst rund 5.000 Demonstranten friedlich durch Dresden, um ein Zeichen zu setzen gegen Rassismus und Fremdenhass, wie er sich seit Tagen vor dem Flüchtlingsheim in der Nachbarstadt Heidenau und an etlichen anderen Orten in Sachsen abgespielt hatte. Unter dem Slogan „Es reicht! Schutz für Geflüchtete statt Verständnis für Rassisten" hatte das Bündnis „Dresden Nazifrei“ zu der Kundgebung am Dresdner Hauptbahnhof aufgerufen. Im Anschluss zogen rund 400 der Demonstranten vor die Asylbewerberunterkunft in Heidenau. Zusammen mit zahlreichen Flüchtlingen tanzten sie am Abend auf der Straße und riefen zu Solidarität auf.

Innenminister Markus Ulbig unerwünscht

Am Freitagnachmittag hatten rund 500 Menschen in der Heidenauer Flüchtlingsunterkunft, einem ehemaligen Praktiker-Baumarkt, ein Willkommensfest gefeiert. Der Nachmittag mit Grillen, Hüpfburg, Spielen, Musik und Politikerbesuchen ging friedlich über die Bühne, das Heim wurde von etlichen Polizisten bewacht, über der Stadt kreisten zeitweilig mehrere Polizeihubschrauber.

Grünen-Chef Cem Özdemir war aus Berlin gekommen und hatte Streuselkuchen im Gepäck, Sachsens SPD-Wirtschaftsminister Martin Dulig erschien ebenfalls, um Gesicht zu zeigen. Als sein Kollege, Innenminister Markus Ulbig (CDU) erschien, drohte die die friedliche Szene zu kippen. Ulbig, der seit Monaten völlig überfordert wirkt, wurde ausgepfiffen und ausgebuht.  Begleitet von hämischen Sprechchören verließ er nach nur fünf Minuten das Fest wieder.

Am Abend demonstrierten rund 400 Fremdenhasser, Pegida-Anhänger und Rechte in der Nähe des Flüchtlingsheimes wieder einmal gegen die deutsche Asylpolitik. Diesmal aber kesselte die Polizei einen großen Teil ein, machte Bilder, nahm die Personalien von etwa 100 Demonstranten auf und erteilte Platzverweise.

Angela Merkel will Sachsens Polizei helfen

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) kündigte am Wochenende an, seine Regierung werde den Kampf gegen den Rechtsextremismus aufnehmen. Der überwiegende Teil der Menschen in Sachsen sei weltoffen und engagiere sich für eine gute Aufnahme der Flüchtlinge, sagte der 56-jährige Christdemokrat der Bild-Zeitung. „Es gibt aber eine rechtsextreme Szene, gegen die wir mit aller Härte vorgehen.“ Sachsen sei ein demokratisches Land, aber es gebe Kräfte, die die Freiheit nicht wollten und die Demokratie bekämpften.

Bei den Ausschreitungen vor einer Woche in Heidenau waren mehr als 30 Polizisten verletzt worden. Nachdem Rechtsextreme zwei Nächte in Folge vor der Unterkunft randalierten, war  ein Kontrollbereich eingerichtet worden. In der dritten Nacht gab es erneut Randale.

Das ursprünglich für Heidenau geplante und bis Montagfrüh geltende Demonstrationsverbot, das schließlich in Karlsruhe gekippt wurde, hatte bundesweit und parteiübergreifend scharfe Kritik ausgelöst. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) nannte es einen „Kniefall vor dem braunen Mob".

Bundeskanzlerin Angela Merkel, die zu Wochenbeginn in Heidenau gewesen und dort vom Mob angepöbelt worden war, versprach, die sächsische Polizei mit den Veranstaltungen in Heidenau nicht allein zu lassen. Der  Bund werde „alles tun, um in dem Maße, wie er helfen kann, die sächsische Polizei zu unterstützen", griff sie der sächsischen Landesregierung unter die Arme. (mit dpa)