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Ursache noch nicht gefunden Olbernhau im Erzgebirge: Sachsen leiden unter Gestank

Von Bernhard Honnigfort 09.03.2017, 15:21
Idyllisch ist das Erzgebirge, allerdings stinkt es zuweilen.
Idyllisch ist das Erzgebirge, allerdings stinkt es zuweilen. dpa-Zentralbild

Olbernhau - Die Luft ist kühl, der Himmel klar, es stinkt nicht, kein bisschen. Für Olbernhau also kein schlechter Tag. „Wind aus Nordwesten“, sagt Hartmut Tanneberger. Der 69-jährige Rentner lebt in der 9 000 Einwohner zählenden Stadt im Erzgebirge. Er ist SPD-Stadtrat, die heimatliche Luft ist sein Thema seit Jahrzehnten. Käme der Wind aus Südosten, aus dem böhmischen Becken, wäre es wahrscheinlich anders, wahrscheinlich gar nicht schön. „Da wabert manchmal was zu uns rüber“, sagt Tanneberger. „Dann stinkt es fies nach faulen Eiern.“

Penetranter Gestank ist ein ewiges Thema in etlichen Dörfern und Städtchen des Erzgebirges und des Vogtlandes. Er kommt, es gibt Tage, da ist es unerträglich, er verschwindet wieder. Seit Jahren versucht man dahinter zu kommen, was genau der Gestank ist, wie er sich chemisch zusammensetzt und wer ihn verursacht – bislang ohne Ergebnisse.

Gestank in Olbernhau im Erzgebirge: Geruch nach Katzendreck und faulen Eier belastet die Gesundheit

Früher stank es nach Katzendreck, heute nach verdorbenen Eiern. Wenn es nur der üble Geruch wäre. Aber offensichtlich werden auch Menschen krank. „Etliche Leute hier haben echte Gesundheitsprobleme“, sagt Tanneberger. Er selbst leidet an Durchfall, wenn die Luft wieder wie verpestet ist. Als es 2014 lange bestialisch roch, seien mehrere Hundert Menschen in der Gegend krank geworden. „Wenn der Wind aus Böhmen kommt, werden die Menschen hier krank. Das ist einfach so: Herz- und Kreislaufbeschwerden, Magen/Darmverstimmungen, Übelkeit, Husten. Kinder können nicht in die Kita und nicht in die Schule“, sagt Tanneberger. „Das sind Fakten, das ist bekannt.“

Auf der anderen Seite des Erzgebirgskammes liegt das tschechische Chemiebecken. Verbrennungsanlagen, Kraftwerke, Petrochemie. Irgendwo dort vermuten die Sachsen den oder die Stinker. Weiter ist man nicht gekommen. Nur Vermutungen. Seit Jahren wird gemessen und geforscht. Es sind Millionen Euro ausgegeben worden. Die Tschechen meinten, es stinke nach Teer und Abgasen, die Sachsen tippten auf Schwefelverbindungen, sogenannte Mercaptane. Weiter kam man nicht.

Forschung zum Gestank im Erzgebirge: Politik bleibt ratlos

Die Politik ist ratlos – und auch hilflos. Umweltminister aus Dresden und Berlin haben sich seit 1990 in Olbernhau die Klinke in die Hand gedrückt. Aber das Problem scheint unlösbar.

Seit Dezember 2016 wird wieder gemessen. Ein grenzüberschreitendes Programm: OdCom genannt, die „Objektivierung der Geruchsbeschwerden im Erzgebirgskreis und Bezirk Usti“. Der CDU-Landtagsabgeordnete Alexander Krauß hält es für rausgeschmissenes Geld. „Es kommt darauf an, den oder die Verursacher in Tschechien zu finden. Darauf müssten alle Kräfte konzentriert werden.“

Schon 2014 berichtete eine tschechische Zeitung, was man auf der anderen Seite des Erzgebirges von dem Ärger der Nachbarn hält: „Wir haben die üblichen Methoden ausgeschöpft“, wird Helena Plachá vom Hydrometeorologischen Institut in Ústí nad Labem zitiert. „Wer weiß, was die Deutschen eigentlich spüren – und ob es überhaupt irgendetwas ist.“ (mz)