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Nach Übergriff in sächsischem Supermarkt Nach Übergriff in sächsischem Supermarkt: Flüchtling kurz vor Prozess im Wald erfroren

20.04.2017, 11:14
In einem Supermarkt in Arnsdorf kam es im Jahr 2016 zu einem Streit mit einem Iraker. Jetzt wurde der Mann tot aufgefunden.
In einem Supermarkt in Arnsdorf kam es im Jahr 2016 zu einem Streit mit einem Iraker. Jetzt wurde der Mann tot aufgefunden. dpa-Zentralbild

Kamenz/Dorfhain - Ein Iraker, der im vergangenen Jahr in Arnsdorf (Kreis Bautzen) nach einem Streit in einem Supermarkt von Anwohnern an einen Baum gefesselt wurde, ist tot. Bei der Anfang der Woche im Tharandter Wald (Sächsische Schweiz-Osterzgebirge) gefundenen Leiche handele es sich wie vermutet um den 21 Jahre alten psychisch kranken Flüchtling, teilte die Polizei am Donnerstag mit. Dies habe ein Abgleich der Fingerabdrücke ergeben. Der Vorfall von Arnsdorf hatte im Mai 2016 bundesweit Schlagzeilen gemacht.

Prozess in Kamenz um Auseinandersetzung in Supermarkt: Iraker von vier Männern mit Kabelbindern gefesselt und der Polizei übergeben

Die vier Männer, die den Iraker auf dem Supermarktparkplatz mit Kabelbindern gefesselt und schließlich der Polizei übergeben hatten, müssen sich ab kommenden Montag in Kamenz wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung vor Gericht verantworten. In rechten Kreisen sorgt die Anklage für Empörung.

Der Tod des Mannes steht nach bisherigen Erkenntnissen in keinem Zusammenhang mit den Ereignissen in dem Supermarkt. Die Obduktion der bereits stark verwesten Leiche habe ergeben, dass der Iraker wohl bereits im Januar in dem Waldstück bei Dorfhain erfroren sei, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Dresden. Hinweise auf Gewalteinwirkung oder eine Straftat gebe es nicht. Untersucht werde weiter, warum der Mann in den Wald gegangen sei und dort zu Tode kam.

Zuletzt war der 21-Jährige, der im vergangenen Jahr noch in der Psychiatrie des Krankenhauses Arnsdorf behandelt worden war, in einer dezentralen Flüchtlingsunterkunft in Tharandt untergebracht. Laut Staatsanwaltschaft sollte er in dem Prozess vor dem Amtsgericht Kamenz als Zeuge aussagen. Allerdings habe die Ladung nicht zugestellt werden können, sagte der Sprecher. Vermutlich war der Mann da bereits tot.

Vorfall in Arnsdorfer Supermarkt: Vier Männer hatten die Kassiererin bedroht gesehen und den psychisch Kranken rabiat überwältigt

Der Iraker hatte im Mai in dem Arnsdorfer Supermarkt eine Telefonkarte reklamieren wollen, war aber mehrfach an Verständigungsproblemen gescheitert. Vier Männer, darunter ein CDU-Kommunalpolitiker, hatten bei seinem dritten Erscheinen in dem Markt die Kassiererin bedroht gesehen und den psychisch Kranken rabiat überwältigt.

Zunächst auch gegen den Iraker eingeleitete Ermittlungen waren mangels Nachweis einer Bedrohung ebenso eingestellt worden wie die gegen den Görlitzer Polizeichef. Dieser hatte Verständnis für das brutale Vorgehen der vier Männer geäußert. Auch Untersuchungen gegen zwei Polizisten, unter anderem wegen unterlassener Hilfeleistung, wurden nicht weiterverfolgt.

Der Prozess am kommenden Montag wird in rechten und fremdenfeindlichen Kreisen als „Justizskandal“ bezeichnet. (dpa)