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Landwirtschaft Landwirtschaft: Petersilie statt Tabak

Von JENNIFER BACK 02.01.2011, 18:32

HERXHEIM/MZ. - Es war kein gutes Jahr für die deutschen Tabakbauern. "15 Prozent der Ernte mussten wir wegen fehlender Qualität auf den Feldern lassen. Die fehlen natürlich am Gewinn", sagt Hermann Josef Pfanger. Schuld sei zum einen das Wetter, mit einem kalten Frühling und einem erst zu heißen, dann zu nassen Sommer. Mehr aber noch als Regen und Sonne lastet das Rauchverbot auf Deutschlands Tabakbauern. Pfanger weiß das. Der Landwirt im pfälzischen Herxheim nahe Landau ist Vorsitzender des Bundesverbandes deutscher Tabakpflanzer und Vizepräsident des europäischen Tabakpflanzverbands.

Um die Zahl der Raucher weiter zu senken, plant die EU-Kommission die Rauchergesetze in diesem Jahr weiter zu verschärfen. Der EU-Kommissar für Gesundheit und Verbraucherschutz, John Dalli, forderte zuletzt sogar ein rauchfreies Europa.

Pfanger bezeichnet das als Illusion. Doch weiß er, dass es alles andere als gut um den Anbau des Tabaks steht. Sind 2005 noch 11 500 Tonnen Tabak von den deutschen Feldern geerntet worden, so waren es 2010 nur noch knapp 8 000 Tonnen. In den vergangenen sieben Jahren hat sich die Zahl der Tabakanbaubetriebe in Deutschland von 1 000 auf derzeit 250 Betriebe verringert.

Pfanger baut Tabak in der siebten Generation an. Ihn hat das Rauchverbot besonders hart getroffen. Er zieht die Sorten Viriginia und Burley, die überwiegend zu Zigarren verarbeitet werden. "Schnell zu rauchende Produkte wie Zigaretten sind nicht so stark betroffen wie die Zigarrenindustrie. Denn man stellt sich nicht mal eben vor die Tür und raucht eine schnelle Zigarre", sagt Pfanger. Er selbst nennt sich Genussraucher. Er habe Verständnis für die Belange der Nichtraucher und dass man in Sachen Rauchverbot eine klare Linie fahren müsse, erklärt Pfanger. "Solange man die Menschen nicht mit allzu strikten Rauchverboten bevormundet", schränkt er ein. "Ich bin gegen Sucht und Missbrauch, aber wie lebenswert ist das Leben, wenn Genuss verboten wird?" Dass die Forderung von EU-Kommissar Dalli nach einem rauchfreien Europa umgesetzt wird, hält er für unwahrscheinlich: "Dann könnte man ja auch ein fett- oder alkoholfreies Europa fordern."

Europa macht den Tabakbauern auch auf andere Art zu schaffen. Im vergangenen Jahr wurden die Subventionen für Tabakpflanzer EU-weit eingestellt. Davor bestanden die Gesamterlöse der Tabakbauern zu 60 bis 95 Prozent aus EU-Fördergeldern. "Der Prozentsatz variierte je nach Qualität des Tabaks im jeweiligen Mitgliedsstaat", erklärt Pfanger. Deutsche Tabakpflanzer seien mit bis zu 70 Prozent Fördermitteln unterstützt worden.

Die Subventionen fehlen. Auch das Rauchverbot macht sich bei den Tabakbauern bemerkbar. Als Alternative setzen viele auf den Anbau von Petersilie. Doch ist dies bei Weitem nicht so ertragreich. Die Jahre des Tabakanbaus in Deutschland aber sind gezählt. Viele Bauern werden laut Pfanger ganz aus der Landwirtschaft aussteigen. Er selbst fährt seinen Betrieb nach und nach zurück, über Alternativanbauten macht er sich keine Gedanken: "Meine Kinder haben kein Interesse am Betrieb, deshalb werde ich mich in vier Jahren zur Ruhe setzen."