Kraftstoff Kraftstoff: Biosprit-Unternehmen fordern Import-Sanktionen

Berlin/MZ. - Die Biokraftstoffbranche steht immer wieder massiv in der Kritik für Umweltschäden, die durch den Anbau von Energiepflanzen außerhalb Europas entstehen. Nun drehen die Biosprit-Unternehmen den Spieß um und fordern die europäische Politik auf, Biosprit-Importe aus Ländern vollständig zu stoppen, in denen in großem Stil Urwald gerodet wird.
Brandrodungen wegen Palmöl
Der Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB), Elmar Baumann, sagte der MZ, er verlange von der EU-Kommission, "die Einfuhr von Rohstoffen und Biokraftstoff zu verbieten, wenn klar nachgewiesen ist, dass in den Herkunftsländern Waldschutzgesetze missachtet und wertvolle Biotope vernichtet werden". Nationale Regierungen, darunter auch die deutsche Politik, sollten das Vorhaben unterstützen.
Laut VDB-Chef Baumann ist das Importverbot auf EU-Ebene rechtlich möglich, wenn sich Bedenken erhärten, dass Nachhaltigkeitsanforderungen in den Herkunftsländern missachtet werden. "Dies gilt gleichermaßen für ökologische wie soziale Nachhaltigkeitskriterien - auch wenn pro forma Biokraftstoffe eine Zertifizierung erhalten, aber an anderer Stelle dagegen munter verstoßen wird", sagte Baumann.
Ein augenfälliges Beispiel sei Indonesien, wo Brandrodungen stattfänden, um zusätzliche Anbauflächen für Palmölplantagen zu schaffen. Die EU-Kommission könne bereits heute bilaterale Verhandlungen mit diesen Ländern aufnehmen und ihre Besorgnis über die Missstände zum Ausdruck bringen. Sollten die Verstöße gegen die nationalen Schutzgesetze dennoch fortdauern, könne die EU Biokraftstoffimporte verbieten.
Statt konsequent die bekannten Risikoregionen zu kontrollieren und Importverbote zu verhängen, werde laut Baumann "die europäische Biokraftstoff-Branche an den Pranger gestellt und für Umweltschäden verantwortlich gemacht, die außerhalb ihres Einflussbereichs liegen". Etwa ein Fünftel des Biosprit-Verbrauchs in der EU wird durch Importe gedeckt. Zusätzlich werden Rohstoffe importiert, die hier verarbeitet werden.
Der VDB befürchtet, dass die EU-Kommission keine Zukunft für die Biokraftstoffproduktion in Europa sieht. "Wir haben im Moment den Eindruck, dass die EU-Kommission uns am liebsten den Garaus machen möchte", sagte er. Kürzlich hatte die EU-Kommission beschlossen, dass in Zukunft höchstens fünf Prozent des Spritbedarfs mit Biokraftstoffen der sogenannten ersten Generation gedeckt werden sollen. Ab 2020 soll die staatliche Förderung von Biosprit vollständig eingestellt werden. Zusätzlich wurden Kriterien vorgestellt, mit denen der Klimanutzen von Biokraftstoffen bestimmt werden soll. Nach dieser Bewertung spart Biodiesel überhaupt keine Klimagase ein, auch Bioethanol schneidet schlechter ab. Baumann befürchtet, dass diese Kriterien "mittelfristig das Aus für unsere Branche bedeuten". Die europäischen Biosprit-Hersteller schnitten aber nur deshalb schlecht ab, weil Urwaldrodungen in Ländern wie Indonesien in die Treibhausgasbilanz von hierzulande produziertem Biosprit hineingerechnet würden. "Das ist absurd. Statt unsere Branche abzuwürgen, müssten Import-Sanktionen gegen die Länder verhängt werden, die massiv abholzen."
Firmenpleiten befürchtet
In die von der EU-Kommission positiver bewerteten Biospriterzeugnisse zweiter Generation, zum Beispiel aus Stroh und Abfall, wird laut Baumann kaum investiert werden. "Die EU hat eine derart hohe Rechtsunsicherheit für unsere Branche geschaffen, dass niemand im großen Stil in die Entwicklung und Produktion einsteigen wird." Laut VDB durchläuft die Biodieselbranche in Deutschland eine wirtschaftlich schwierige Phase. Baumann sagte, die Biodieselanlagen seien im Durchschnitt aktuell nur zur Hälfte ausgelastet und weitere Werksschließen damit unvermeidlich. Der Absatz von Biodiesel stagniert laut den aktuellen VDB-Zahlen in Deutschland 2012.