Konjunktur Konjunktur: Optimismus kehrt zurück
BERLIN/MZ. - "Die deutsche Wirtschaftarbeitet sich weiter aus der Krise", sagteHans-Werner Sinn, Chef des Münchener Ifo-Institutsanlässlich der Veröffentlichung des aktuellenGeschäftsklimaindex für den Monat November.
Auch das Statistische Bundesamt hat gute Nachrichten:Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte von Julibis September um 0,7 Prozent gegenüber demzweiten Quartal zu. Ein rasanter Anstieg,aufs Jahr hochgerechnet entspricht das einemstattlichen Plus von drei Prozent. Folgt mandem Konjunkturauguren, dann ist die schwersteRezession der Nachkriegsgeschichte damit bereitsabgehakt.
An dieser optimistischen Einschätzung sindindes erhebliche Zweifel angebracht. Sicher:Mit etwas Glück kann die deutsche Ökonomie2010 schon wieder um robuste zwei Prozentwachsen. Das hört sich gut an, nach den schlimmenEinbrüchen sogar sehr gut. In Wahrheit abersagen die schönen Zahlen wenig darüber aus,wie robust der kommende Aufschwung werdenwird, so er denn überhaupt kommt. Manche scheinenzu vergessen: Hinter uns liegt keine normaleRezession, sondern ein bisher nicht gekannterAbsturz, der durch eine monströse Finanzkriseausgelöst wurde.
Aller Erfahrung nach dauert es Jahre,wenn nicht ein Jahrzehnt, bis sich die Weltwirtschaftvon einem so außergewöhnlichen Schock erholthat. Selbst wenn die deutsche Wirtschaft jetztwieder ordentlich wächst - es dauert mindestenszwei bis drei Jahre, bis sie wieder das Produktionsniveauvon 2008 erreicht hat. Und: Bis heute kannniemand verlässlich sagen, wie viele Tretminennoch in den Bilanzen der Banken schlummern.Zugleich pumpen die Herren des Geldes schonwieder neue Blasen an den Börsen auf, vondenen viele fürchten, dass es nur eine Frageder Zeit ist, bis die heiße Luft daraus wiedermit einem lauten Knall entweichen wird. Obdie Weltwirtschaft einen zweiten Schock dieserGrößenordnung verkraften kann, muss man bezweifeln.Aber selbst wenn man nicht daran glaubt, dassim globalen Casino schon wieder das Fundamentfür die nächste Krise gelegt wird: Die Risikenbleiben auch so hoch genug.
Die Banken werden auf lange Sicht knauserigmit Krediten bleiben. Die Staaten ertrinkenin Schulden. Diese müssen sie entweder mitInflation oder massiven Steuererhöhungen bekämpfen,was die Wirtschaft schnell abwürgen könnte.Und schließlich hat die Welt in den kommendenJahren Handelsungleichgewichte abzubauen,wodurch sich die bisherigen Muster im Welthandelnachhaltig verschieben werden.
Wer glaubt, dass alles geschehe sanft undgeräuschlos von heute auf morgen, der dürftesich schon bald getäuscht sehen. InsbesondereDeutschland bleibt mit seiner starken Orientierungauf die Weltmärkte extrem anfällig für Rückschläge.Die Rezession mag vorerst vorüber sein. Vorbeiist die Krise aber deshalb noch lange nicht.
