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Erwin Huber ist neuer CSU-Chef

29.09.2007, 13:02

München/dpa. - Ein Jahr vor der Landtagswahl hat die CSU mit der Wahl von Erwin Huber zum neuen Vorsitzenden die Ära Stoiber beendet und eine neue Epoche eingeläutet. Der CSU-Parteitag in München wählte den bayerischen Wirtschaftsminister (61) in einer seit Monaten mit Spannung erwarteten Kampfabstimmung mit 58,2 Prozent der Stimmen zum neuen Parteichef.

Bundesagrarminister Horst Seehofer unterlag mit 39,1 Prozent, die parteiintern umstrittene Außenseiter- Kandidatin Gabriele Pauli kam auf 2,5 Prozent. «Liebe Freunde, ich nehme die Wahl an», sagte Huber. Einstimmig kürte der Parteitag unmittelbar danach Stoiber zum CSU-Ehrenvorsitzenden.

Einen Tag vor dem Rücktritt Stoibers als Ministerpräsident nominierten die rund 1000 Delegierten mit überwältigender Mehrheit Innenminister Günther Beckstein zum neuen Regierungschef und Spitzenkandidaten für die Wahl am 28. September 2008. Beckstein soll am 9. Oktober vom Landtag zum neuen Regierungschef gewählt werden. Der Parteitag sprach ihm mit 96,6 Prozent der Stimmen das Vertrauen aus.

Huber rief nach seiner Wahl Beckstein und den unterlegenen Seehofer auf, «in Gemeinsamkeit die großen Aufgaben in Bayern und in Deutschland anzugehen». Er fügte hinzu: «Ich bitte alle, dass wir zusammenstehen.» Seehofer sagte: «Ich bin zufrieden - wirklich.» Stoiber meinte, die Partei habe «große kollektive Vernunft» gezeigt. Beckstein betonte: «Wir wollen zusammenarbeiten. Dass die Partei das jetzt so bestätigt hat, ist ein toller Rückenwind.» Pauli erklärte, sie sei nicht enttäuscht.

Überschattet wurde der Parteitag von schweren Vorwürfen Paulis gegen Beckstein. Sie verlangte eine Erklärung dafür, warum Beckstein sie als eine Person bezeichnet habe, «die zum Psychiater muss». Der Innenminister bot Pauli daraufhin ein persönliches Gespräch an.

Beckstein, der von den Delegierten mit begeistertem Applaus gefeiert wurde, sprach von einer Zäsur in der Geschichte der CSU. «Eine Ära geht zu Ende.» Die CSU schulde Stoiber «Dank und Anerkennung». Zugleich grenzte sich Beckstein von Stoiber ab und kündigte «andere Akzente» an. Er wolle niemanden kopieren. «Das klappt nie, und das mache ich nicht.» Er setze «auf Mannschaftsgeist und Mannschaftsleistung». Die CSU müsse «zu ihrer legendären Geschlossenheit» zurückfinden.

Stoiber rief seine Nachfolger zum Zusammenhalten der Partei auf. Die Verantwortung gehe nun wieder «auf zwei Schultern» über, sagte der 66-Jährige. «Macht einen Vorteil daraus, und vor allem haltet mir die CSU zusammen.» Stoiber schwor seine Nachfolger ein, kompromisslos gegen die Linke zu kämpfen und den Charakter der CSU als konservative Volkspartei zu erhalten. Unter großem Beifall nahm Stoiber Abschied vom Parteivorsitz. «Mein Herz schlägt immer für die CSU.» Er hatte vor achteinhalb Monaten auf Druck seiner eigenen Partei den Rücktritt angekündigt.

Huber forderte von der CSU in seiner Bewerbungsrede angesichts der in den kommenden Jahren anstehenden Wahlen Disziplin und Geschlossenheit. Ziel müsse sein, dass die CSU bei der bayerischen Landtagswahl in einem Jahr «50 Prozent plus X» erreiche. Bei der nächsten Bundestagswahl müsse erreicht werden, dass nicht ohne die Union und nicht gegen sie regiert werden könne. «Die CDU muss wissen, sie braucht eine starke CSU in Deutschland.»

CSU-Vize Seehofer machte sich für den Schutz der Ehe stark. «Auch in dem Wissen, dass Ehen in Schwierigkeiten geraten oder gar scheitern können, dürfen wir niemals wegen dieser Unvollkommenheit unsere Wertmaßstäbe relativieren oder verändern.» Eine Ehe auf Zeit, wie sie Pauli vorschlug, lehnte Seehofer wie auch Huber entschieden ab. Seehofer hatte monatelang selbst Schlagzeilen wegen einer außerehelichen Liebesbeziehung gemacht, aus der ein Kind hervorgegangen war.

Pauli erinnerte daran, dass sie es gewesen sei, die Stoiber als erste zum Rückzug aufgefordert habe. Sie warf der CSU vor, sie nun als «Königsmörderin» zu bezeichnen. Beckstein sagte: «Ich will Dich keineswegs als Persönlichkeit herabwürdigen, auch wenn ich einige Forderungen als völlig unverständlich empfunden habe.» In ihrer Bewerbungsrede sagte Pauli später, sie wolle wieder mehr Menschen für ein Engagement in der Partei begeistern. «Die Politik soll die Menschen glücklicher machen.»