Entsorgungsstreit Entsorgungsstreit: «Laufschuh ist kein Elektroschrott»

Leipzig/Herzogenaurach/dpa. - «Ein Schuh ist ein Bekleidungsstück, daranändert auch der Einbau eines elektronischen Teils nicht», begründeteder Vorsitzende Richter Wolfgang Sailer das Urteil. Damit blieb eineKlage der für Elektroschrott zuständigen Stiftung Elektro-Altgeräte(EAR) in letzter Instanz erfolglos. Sie hatte einen Laufschuh desSportartikelherstellers adidas (Herzogenaurach), der als technischeFinesse über eine elektronische Dämpfungssteuerung verfügt, alsElektrogerät eingestuft. Diese Bewertung lässt das Gesetz zurEntsorgung von Elektroschrott nach Überzeugung der Richter nicht zu.(BVerwG 7 C 43.07)
«Der Gesetzgeber hat zehn Schubladen gebildet, da können wir nichteinfach etwas reinstopfen», sagte Sailer in der Verhandlung. DerenKernfrage war: Was ist der Hightech-Laufschuh - Bekleidung oderSportgerät? Denn das Gesetz nennt verschiedene Gerätekategorien, fürdie eine umweltverträgliche Entsorgung seit November 2005verpflichtend ist. Dazu gehört die Kategorie Sportgeräte, nicht aberdie Kategorie Bekleidung. Damit habe der Gesetzgeber ausdrücklicheinen Unterschied gemacht, argumentierten die Leipziger Richter.
Die Stiftung EAR wollte dagegen den Begriff Sportgerät nicht zueng verstanden wissen. Er beinhalte laut Gesetz auch Sportausrüstung- und dazu gehöre der Sportschuh ebenso wie ein Schlittschuh oder einSkischuh. Dieser Auffassung wollten die Bundesrichter nicht folgenund nannten im Prozess Indizien dafür, dass ein Laufschuh eher alsBekleidungsstück einzuordnen sei: «Ich kann mich an einen Ministererinnern, der in Turnschuhen vereidigt wurde...», sagte Richter GeorgHerbert. Auch im Theater sehe man - leider - häufig Menschen mitTurnschuhen. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass Menschen mitSkischuhen oder Schlittschuhen ins Theater gehen.»
Der Rechtsanwalt von adidas, Carsten Ulbricht, begrüßte dasUrteil: «Es zieht eine klare Trennungslinie zwischen Bekleidung undSportgeräten. Damit wird verhindert, dass am Ende der Schuh mit einemLaufgerät in den Container landet.» Der Sportartikelhersteller habeendlich Rechtssicherheit. Für das Unternehmen war es von hohemwirtschaftlichem Interesse, ob eine Registrierung nach demElektrogesetz erforderlich ist. Denn damit verbunden gewesen wärenPflichten wie eine Kennzeichnung, Sammlung, Rücknahme oderVerwertung. Um sich nicht der Gefahr einer Geldbuße auszusetzen,hatte adidas den Schuh vorsorglich vorläufig bei der Stiftung EAR inFürth registrieren lassen.
Trotz rechtlicher Niederlage begrüßte auch deren Vorstand HartmutTheusner die Entscheidung: «Mit dem Urteil haben wir einen Maßstab.Das macht es auch für uns einfacher und berechenbarer.» Die Stiftunghabe schließlich sicherzustellen, dass die Firmen ihrer gesetzlichenVerpflichtung zur Verwertung und Entsorgung nachkommen.
Nach Angaben des Gerichts war es das erste Grundsatzurteil zurEntsorgung von Elektroschrott. Sailer zeigte sich jedoch überzeugt,dass weitere folgen werden. Angesichts der vielen Mischformen seidies zu erwarten, sagte er und verwies auf elektrisch verstellbareFernsehsessel, beheizbare Skistiefel oder brummende Teddybären.